Die Geschichte von Vaals |
Von dem 1918 in der Blüte seiner Jahre von der spanischen Grippe dahingerafften Vaalser Kaplan Adolph Vaessen in deutscher Sprache aufgeschrieben. |
Die ersten Einwohner unseres Landes, welche die bis heute recherchierbare Geschichte uns kennen lernt, gehörten
zum grossen Stamm der Kelten. Sie werden uns als ein ziemlich kultiviertes Volk beschrieben, welches Ackerbau betrieb,
Viehzucht kannte und Erz bearbeitete. Jedoch findet man die austrasischen Könige auch viel zu Maastricht, da diese Stadt mehr im Mittelpunkt des Reiches
gelegen und die Hauptstadt des sich weit erstreckenden Maasgaues war. Gaue waren unter der Regierung der Franken und
der Karolinger, wie in anderen germanischen Ländern, eine durchlaufende Teilung des Landes. Das Land wurde in
Gaue (papi), jeder Gau in kleinere Grafschaften und Marken geteilt. An der Spitze jedes Gaues oder papus stand ein Graf
(gawa), der Recht sprach und die innere Verwaltung ausübte. Die Grafen wurden durch den König für eine
bestimmte Zeit ernannt, sie führten nicht alle den selben Rang und hatten auch nicht alle die selben Rechte.
Ihr Gerichtshof (rechtbank), der auf bestimmte Zeiten seines Amtes waltete, bestand aus sieben Schöffen (schepen).
Ihre Arbeit wurde beaufsichtigt durch königliche Gesandte (missi domini) (ondergeschickt aan de comités waren de vice-comités
en de centenarii of honderdmannen, aan de hoofd van de kleinere kantons geplaatst, die men doorgaans marken
of schoutambten noemde). Karl der Grosse, Pippins Sohn, unterwarf alle germanischen Völker des festen Landes und bekam sie in seine Macht und
verdiente, am Weihnachtstag des Jahres 800 durch Papst Leo III., zu Rom als Kaiser des Westens gekrönt zu werden.
Er hatte seinen Hof zu Aachen und liess das Münster bauen. Er war gross als Feldherr, Fürst und Mensch und
dessen Fehler, wie bei allen hochstehenden Personen, nur zu leicht übers Haupt gesehen werden. Unter seiner Regierung
wurden viele Verbesserungen eingeführt in seinen Staaten und neue Gesetze gemacht. Waren bis jetzt die Gegenden
um Vaals noch mit vielen Wäldern bedeckt, jetzt wurden sie ausgerottet. Die Bodenkultur wurde im allgemeinen
mehr und mehr in die Hand genommen. Namen der Ortschaften die auf -rode. -rade, -hain, -scheid, -bruch, -heid, -busch
enden, entstanden allmählich. Landwirtschaft und Viehzucht kamen zu hoher Blüte. Handel und Verkehr wurden
gefördert. Das Volk wurde mehr entwickelt, blühende Städte entstanden. Der Sohn Karls des Grossen, Ludwig der Fromme, erbte das ausgestreckte Kaiserreich, aber nicht den festen Charakter und
heldenhaften Mut seines Vaters. Er starb aus Verdruss im Jahre 840, sein Reich hinterliess er seinen Söhnen, die
es durch ihre Streitigkeiten zerbröckelten. Von diesen Uneinigkeiten machten die Normannen (Wikinger) unter Harald
Gebrauch um unsere Gegenden zu überfallen und zu plündern. |
Nach dieser Ausschweifung über die Normannen, nehmen wir wiederum den Faden unserer Geschichte auf. Nach dem Absterben des Kaisers Ludwig des Frommen kam 843 der für die Geschichte so wichtige Vertrag von Verdun zustande. Von diesem Jahre ab datiert das Entstehen von Frankreich und Deutschland. West-Frankenland, das ist Frankreich, fiel Karl dem Kahlen zu, während der älteste Sohn Lotharins I. ausser Italien noch einen Streifen Land bekam, der sich von der Nordsee bis an das mittelländische Meer ausstreckte, und wie das alte Austrasie auch ganz Holland umfasste. Dieser Streifen wurde beim Todes des Kaisers Lotharins wieder geteilt und Lotharin II. bekam bei der Teilung mit seinen Brüdern die nordwärts gelegene Hälfte dieser Länder in Mittelfrankenland und wurde jetzt nach diesem letzten Lotharii regnum, Lorraine oder Lotharingen genannt mit Aachen als einer der grössten Städte und wozu auch Holland gehörte. Lotharin II. starb 869. Nach seinem Tode verteilten sich seine beiden Oheime seine Nachlassenschaft untereinander bei dem sogenannten Traktat von Meersen; an einem Ort an der Maas, gelegen zwischen Herstal, wohin Karl der Kahle, und Meersen, wohin Ludwig der Deutsche sich begeben hatte. Man meint, dass diese Verteilung bei Eijsden habe stattgefunden. Der Vertrag ist für uns von besonderem Interesse. Die Länder auf dem rechten Maasufer wurden bei Deutschland, die auf dem linken Ufer bei Frankreich gefügt. In der obengenannten Verteilungsakte wurden die zum Teile Ludwigs gehörigen Besitze genannt, nämlich die Abteien Süsteren, Odilienberg, Cornelimünster, das rechte Ufer des unteren und oberen Maasgaues, wozu auch die Gegend um Vaals gehörte. Ludwig starb 876, Karl 877; ihre Nachfolger Ludwig der Stammler, Sohn Karls des Kahlen und Ludwig von Sachsen, Sohn Ludwigs des Deutschen, erneuerten nochmals auf der königlichen Villa Voeren (Voerendal) den Vertrag von Meersen. Der erste Nachfolger im Besitze von Lotharingen, Karl der Dicke, wurde 887 abgesetzt und an seine Stelle kam Arnulf, Herzog von Kärnten (Carinthie), der 886 Kaiser ward. |
Aus Dankbarkeit für Kaiser Arnulf wurde dessen natürlicher Sohn Swentibold im Jahre 895 durch die Lotharinger
als König anerkannt. |
Mit Ludwig dem Kinde starben die männlichen Nachkommen Kaiser Karls dem Grossen in Deutschland aus. Jetzt kam
Lothringen in den Besitz Karls des Einfältigen von Frankreich. Aber die Lothringischen Grossen, erbittert auf Karl,
wählten den Herzog Giselbert zu ihrem König. Dieser brachte über unsere Gegenden grossen Schrecken und Unheil. |
In diese Zeit fällt auch die älteste Urkunde, worin über Vaals gesprochen wird. Heinrich III. schenkte
dem Stift zu Adalbert schöne Güter zu Vaels, Gemmenich, Mamelis und Vylen mit allem Zubehör. Das Datum
der Urkunde lautet auf den 13. Februar 1041. Zwei Tage später stand er Güter, die unter der Regierung
seines Vaters u. a. zu Vylen und Vaels konfisziert waren, ab an seine Nichte Irmingard. Wieder andere Güter zu Vaals
gehörten in der Zeit dem Marienstift zu Aachen an. Das Gut, welches Heinrich III. dem Adalbertsstift schenkte,
war das später genannte Gut St. Adalbert. Daraus können wir, sagt Kaplan Vaessen in einem Vortrag über
Vaals, auch das Entstehen von Vaals erklären. Der Geschichtsforscher zeigt uns den Weg. Die Merowingischen
Könige 500 bis 800 hatten zwischen Maas und Rhein eine Menge Landgüter, die Könige lebten vom Ertrag dieser
Güter; so waren auch königliche Güter in Vaels, Vylen, Mamelis, Vetschau, Laurensberg, Simpelveld
und andere mehr. Diese Güter standen natürlich unter dem besonderen Schutze des Königs, und deshalb mieden
Privatleute die Nachbarschaft dieser Höfe. So entstanden dann Gruppen von Häusern. Der Name Vaals
(früher Vals, Vails, Volse, Vaux, Voilst, Vaels) stammt wahrscheinlich vom lateinischen vallis = Tal. |
Im Jahre 1135 wurde eine gewisse Frau namens Senneheld, die dem gedachten Hofe leibeigen war, von demselben befreit und mit ihren Nachkömmlingen dem Stifte selbst überschrieben, durch dessen Propst Richerus und dessen Vogt, Giselbertus de Brules, in Gegenwart aller Stiftsherren und vieler Getreuen der genannten Stiftskirche, doch unter der Bedingung, dass jeder, männlichen oder weiblichen Geschlechtes, der von der Senneheld abstammen würde, sobald er mündig geworden, jährlich einen Denarien der oft genannten Stiftskirche geben musste. Übrigens wurden sie für Frei erklärt. Auf diesem Wege sind viele Unfreie in damaliger Zeit Freie geworden. |
Im Jahre 1229 gab das Stift seinen Hof in Vaels in lebenslange Pachtung an "Ruinhard von Bunde" genannt, Bürger in Aachen. Das Vieh auf dem Hofe, die Pferde ausgenommen, gehörte dem Stifte. Den Pachtkontrakt besiegelte der Sänger des Münsterstifts, Wilhelm von Drahtheim und der Kastellan des Schlosses und Drossart des Landes Herzogenrath, Harpan, genannt Mule. |
Das Allodium des Adalberts-Stiftes in Vaels 1380(Chr. Quix. Die Kapelle zu Melaten etc. Aachen 1843) "Im Cod. dipl. Aquen. T.I.P.I. Seite 42 habe ich die Urkunde gegeben, mit welcher Heinrich III.
im Jahre 1041 dem hiesigen Adalberts-Stifte ein Predium in Vaels schenkte. Da ich aber nach allen Erkundigungen nicht erfahren konnte,
wann diese Gut von dem genannten Stifte abhanden gekommen, wurde ich in der irrigen Meinung gestärkt,
dasselbe wäre bis zur Aufhebung des Stiftes bei demselben geblieben und von den Franzosen veräussert worden. Die beiliegende
Urkunde zeigt aber, dass das Gut, welches zwei Güter ausmacht, schon im 14. Jahrhundert von dem
Stift veräussert war, denn im Jahre 1380 besassen es eigentümlich der Herr Ryt von Birgel und dessen Gattin Lisette in dem
Bruch, die am Maria Lichtmess-Feste des angeführten Jahres bekannten, von diesem Gute dem genannten
Stifte schuldig zu sein einen Jahrzins von 28 Kapaunen:
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Der Fall der Karolinger in Frankreich und die unglücklichen Regierungen der Kaiser Heinrich IV.
und Heinrich V. waren Schuld, dass die meisten Herzöge, Grafen und Herren unseres Landes sich unabhängig erklärten. Die
Gaue, die sie als kaiserliche Statthalter regiert hatten, wurden ihnen in erbittlichen Lehen abgestanden,
dadurch traten eine Reihe Staaten ins Leben, wovon viele bis zum Ende des 19. Jhs. fortbestehen. Wir halten es für notwendig
dem Leser eine kurze Beschreibung anzubieten von diesen Landen, wovon früher Teile zu dem
Grundgebiet des südlichen Teiles der Provinz Limburg gehört haben.
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Aus diesem allen ersehen wir, dass wir schon früh Beziehungen zwischen Aachen und Vaals nachweisen können. Die Beziehungen Aachen mit dem Westen Limburgs und Brabants waren im Mittelalter sehr bedeutend. Die Feststellung dieser Beziehungen ist in sprachlicher, ethnographischer und politischer Hinsicht so interessant und wichtig, weil nach R. Piks wohlbegründeter Ansicht (ebenso sprach Dr. Brüning in seinem Vortrag über Vaals) Limburg als die Wiege der mittelalterlichen Bevölkerung unserer Stadt angesehen werden kann. So lagen die Besitzungen des Münsters grösstenteils im Limburgischen, auch viele Güter gehörten der adeligen Reichsabtei Burtscheid und dem St. Adalberts-Stifte, wie aus dem vorhergehenden ersichtlich ist. Nach Darlegung der urkundlichen Nachrichten sehen wir, dass zwischen Aachen und Vaals agrargeschichtlich wichtige Verhältnisse bestanden. |
An Heinrich IV. und Heinrich V. wurden verschiedene Gebietsteile Niederlotharingens, welche die Grafen und Herzöge als kaiserliche Statthalter regierten, jetzt erblich abgestanden. Sie spielten sich mehr oder weniger als abhängige Dynasten auf. Also entstanden in dem von nun an aus der Geschichte verschwindenden Herzogtum Lotharingen verschiedene Herzogtümer, wovon einige selbst bis zur französischen Revolution bestehen blieben. Die Herzogtümer Geldern, Jülich, Kleve, Brabant, die Herrschaft Herzogenrath, die Grafschaft Daelhem, das Land von Valkenburg und das Herzogtum Limburg. Diese vier letzten einander naheliegenden Staaten bildeten sich später zu einer Provinz, das Land "Overmaas" genannt, nachdem sie durch Schenkungen, Kauf und Erbfolgekriege vom Herzogtum Brabant abhängig geworden waren. Das naheliegende Aachen bildete sich zu einer freien Reichsstadt. Alle diese Länder behielten ihre althergebrachten Rechte und wurden durch eigene Landstände verwaltet. Nur für kurze Zeit (1543) unter Kaiser Karl V. kam die Herrschaft Herzogenrath, wozu Vaals damals gehörte, in die Hände des Herzogs Willem V. von Jülich und Kleve. Wir wollen einstweilen unserem Plan nicht vorauseilen und gehen jetzt wieder einen Augenblick zurück in die Geschichte, um eine ganz kurze Beschreibung der Länder zu geben, unter deren Oberherrschaft Vaals gestanden hat. Es ist sicher für jeden Einwohner eines Landes oder einer Provinz sehr interessant, mit dem Ursprung und der früheren Beschaffenheit seiner Heimat bekannt zu werden; auch ist es nicht weniger interessant für den wissbegierigen Limburger, Kenntnis zu bekommen von dem Entstehen und dem weiteren Fortschritt Limburgs. |
Die Grafschaft LimburgHierzu gehörten nach Kanonikus S. P. Ernst ursprünglich auch mehrere Dörfer zwischen
Aachen und Maastricht, die aber bald davon abgeschieden sind; u. a. haben ursprünglich Wahlwiller, Mechelen und Epen dazu gehört
(1288). Im elften Jahrhundert war ein Herr namens Graf von Limburg Walram I. durch seine Gemahlin, eine Tochter
eines der Herzöge von Lothringen, in den Besitz von einigen Ländern zwischen Lüttich und Aachen gekommen. Er lies ein
altes, von Wohnhäusern umringtes römisches Kastell, gelegen auf einem hohen Felsen am linken
Ufer der Vesdre bei Eupen (im keltischen Lijmburg oder Leinburg genannt, was befestigter
Ort am Wasser heisst) wieder aufbauen. Danach nahm Walram, nach damaligen Brauch, den Namen des Kastells an,
welches er renoviert hatte und dessen Name sich schliesslich über alle Gebiete ausstreckte, über welche er die Oberherrschaft
ausübte. Es besteht eigentlich keine Urkunde, um mit Sicherheit die Grenzen festzustellen.
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Das Land von HerzogenradeDas Land von Herzogenrade oder Rolduc war eine vormalige Herrschaft und gehörte grösstenteils
dem Herzogtum Limburg an, das 1172 durch Kaiser Friedrich Barbarossa zum Herzogtum erhoben, schon früher einen Teil der Herrschaft
Herzogenrade an sich gezogen hatte. Zu der Herrschaft Herzogenrade gehörten folgende Dörfer,
die durch die Grafschaft Wittem geschieden wurden, Kirchrath (Kerkrade), Simpelveld, Ubach over Worms, Gülpen (Gulpen), Margraten,
Holset, Vylen (Vijlen), Vaels (Vaals), Bocholtz und Spekholzerheide. Die ersten Herren von Herzogenrade
(ursprünglich Rode) stammten aus dem gräflichen Geschlecht derer von Saffenberg an der Ahr. Adalbert von Saffenberg war
der erste und grösste Wohltäter der Abtei Klosterrode. »Nicht gar lang nach diesem ging ein Feuer aus, das von Jahren her um sich gefressen, und die Stadt Aachen zweymal beschädiget hatte; es ward nämlich zwischen Herzog Gottfried dem III. und Nieder-Lothringen oder Braband, und des Herzogen Heinrich von Limburg Tochter, Margareth genannt, eine Verehelichung zum Stande gebracht, und also hierdurch alle oberzehlte Verbitterung und Feindseligkeit zwischen beeden Häusern auf einmal ganz glücklich beygelegt; ja der letzerwähnte Herzog war von dieser Heyrath so sehr zufrieden, dass er dem hohen Braut-Paar unter andern auch das Schloss Herzogenrode mit dem hierzu gehörigen Lande schenkte.« Später kam diese Herrschaft noch einmal an das Herzogtum Limburg, bis es schliesslich nach der
Schlacht von Woeringen fest und ganz mit dem Herzogtum Brabant vereinigt wurde, und so machte es mit dem
Lande Overmaas und Limburg als
Provinz einen Teil von Brabant aus. 1544 bis 1609 ging das Land Herzogenrade, wie wir sahen, in die
Hände des Herzogs von Jülich über; nach dem Tode des letzten Herzogs von Jülich kam es wieder bei Limburg und wurde
1661 zwischen dem König von Spanien und den vereinigten Niederlanden verteilt. |
Das Herzogtum BrabantBrabant entstand aus dem Herzogtum Niederlotharingen. Seit 1190 nahm der Herzog Heinrich I. von
Niederlotharingen den Namen ’Herzog von Brabant’ an. Nachdem dieses Reich in verschiedene Herzogtümer zerfallen war, wusste
er 1204 in Besitz zu kommen von einigen Gütern, gelegen in dem Lande von Overmaas, die bisher
im Besitz der Kaiser waren. Dieser Heinrich hatte so als erster Herzog von Brabant schon frühzeitig festen Fuss bekommen in den
Landen von Overmaas. Einer seiner Nachfolger, Johann I., bekam 1288 nach der Schlacht von Woeringen Limburg und Herzogenrath. Gehen wir weiter mit der Geschichte von Brabant, dann begegnen wir dem Herzog Johann III., der Friedsame,
gestorben 1355, der vom Kaiser Karl V. die “goldene Bulle“ erhielt, die inne hielt dass u. a. die Einwohner von Limburg,
Herzogenrath und Brabant nicht durch Richter des römischen Kaiserreiches durften aufgefordert,
festgenommen oder verurteilt werden. |
Die Reichsstadt AachenDie Reichsstadt Aachen übte auch nach dem Zerfall der karolingischen Macht die Herrschaft über
die Nebenhöfe und das sie umgrenzende Gebiet aus. Daher möchte ich nicht unterlassen ein viertes Reich zu erwähnen,
womit Vaals besonders nach dem 16. Jahrhundert mehr in Beziehung trat, nämlich das Aachener Reich,
dessen Aneinandergrenzung mit Vaals aber schon seit Jahrhunderten besteht. Das Aachener Gebiet, districtum aqueme, wird schon 870
im Meersener Vertrag genannt. Aachen war schon in der Zeit Pippin und Karls des Grossen mit Mauerringen
und Befestigungen umgeben. Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der bereits dem Reiche von Aachen Münz- und Marktrecht verliehen
hatte, legte ein besonderes Gewicht darauf, bei der Erteilung der Stadtrechte im Jahre 1171 die Anforderung
zu stellen, dass die aufblühende Stadt mit einem festen Mauerringe umzogen werde, was aus einem Schriftstück über
die damalige Zeit hervorgeht: |
Aus dem Vorhergehenden sehen wir, dass der Handel und die Tuchindustrie in Aachen zur Blüte kam.
Ein alter Geschichtsschreiber sagt uns, dass die Tuchweber die hoffärtigsten
und verwegensten Burschen vorstellten und einen unerträglichen
Stolz führten. Wir werden später sehen, wie nachher noch protestantische Weber aus den
Niederlanden nach Aachen kommen und wie dann diese Industrie nach Vaals übersiedelt. Wenn wir jetzt die Blüte Aachens besprochen haben, so blieb die Stadt jedoch auch nicht von grossen Schicksalsschlägen verschont: Krieg, Feuersbrunst und Pest. Es würde zu weit führen, das alles aufzuführen. Auch dem Stadtrat wurden in dieser Zeit grosse Beschwerden gemacht. Derselbe besass nämlich einen schönen Landbezirk, in dessen Mittelpunkt er wohnte, der aber, da der eine hier, der andere dort davon abzwackte, immer kleiner wurde und auch wie ein Hühnerhaus allezeit offen stand; mithin war ein jedes Dorf, ein jeder Bauernhof dem Diebesgesindel bei Tag und Nacht ausgesetzt und selbst der Bürger in seinen Ringmauern war nicht so sicher, wie er es wünschte. Der Rat verfiel daher auf die Erschliessung, die Grenzen seines Gebietes mit einem starken Damme und Graben »Landgraben« genannt, umgeben zu lassen. Dies war ein Wall mit Eichen und Buchen bepflanzt, wodurch ein breiter dichter Zaun entstand; an verschiedenen Stellen befanden sich Wachthäuser, wovon im vorigen Jahrhundert noch welche erhalten waren. Über den »Landgraben« finden wir in der Geschichte des Aachener Reiches von Pfarrer Gross folgendes aufgezeichnet: »Die Stadt liess ihr Gebiet mit einer Landwehre, im Volksmund gewöhnlich Landgraben genannt, umgeben. Den Landgraben bildete ein etwa 10 Fuss hoher und 20 Fuss breiter Erdaufwurf oder Wall, der mit einer doppelten Reihe von Eichen und Buchen bepflanzt war. Die Stämme wurden auf Mannshöhe abgeschnitten und ihre vielfach verschlungenen Zweige bildeten mit den knorrigen Stumpfen ein undurchdringliches Dickicht. Vor und hinter dieser lebendigen Mauer befand sich ein breiter und tiefer Graben. Die Einrichtung hatte einen doppelten Zweck. Zunächst diente sie als Grenzbezeichnung, dann aber sollte sie auch eine „Wehre“ sein, die den Anmarsch des Feindes hinderte und eine Überrumpelung möglichst untunlich machte.« »An diesem landgraben liegen acht wachttürme, und zwar der erste bei Linzenshäuschen, der zweite in der Preuse, der dritte am Beck oder Gimmenicher Weg, der vierte zu Orsbach, der fünfte am Hirsch (Laurensberg), der sechste zu Morsbach, der siebente am Wamich und der achte an Verlautenheide. In diesen thürmen legte ehdiesem der rath bei kriegszeiten behörige wachten, welche auf die anrückung der feinden acht haben und zusehen mussten, ob selbe sich in der nähe hielten oder vorbeigingen, oder wie stark sie waren. Hierinne wohnen die förster, welche die landwehre und stadtwaldungen wahrnehmen müssen. Auch forden ihre pflichten auf anrückenden fremden völkeren, streifende parteien und herrenlosem gesindel acht zu haben und solches der regierung alsofort zu hinterbringen.« |
Vor der Zeit Meyers lagen letztere Pflichten besondern Wächtern ob, welche in den Türmen wohnten
und wie in Aachen den Namen Kurwächter führten. Später ist die Strecke vom Senserbach bis zur Wurm angelegt worden.
In einer Urkunde von 1453, welche den Ankauf eines Morgens Land zu Orsbach durch die Aachener
Regulierherren berichtet, heisst es, das Grundstück sei gelegen »beneiden up der nuwer
lantweren grave«. Der Landgraben ging jedoch nicht in ununterbrochenem Zuge um das Reich. Abgesehen
von den Unterbrechungen durch Strassen, welche durch die Wachttürme gedeckt wurden und durch Wege, welche durch Grindeln und
Falltore geschlossen werden konnten, wurde derselbe an einigen Stellen durch Bäche ersetzt und fehlte an anderen Stellen gänzlich. |
Die WegenetzeWir haben im Vorhergehenden den Zusammenhang von Aachen mit Vaals beschrieben.
Im Gegensatz zu Aachen, das schon früh eine Industrie ersten Ranges führte,
blieb Vaals klein und war dem Scheine nach ein ländliches Dorf, das
sich aus kaiserlichen Gütern entwickelt hatte, wie aus den zur Pfarrkirche Berg (Laurensberg
) gehörenden königlichen Höfen sich die Ortschaften Berg, Soers, Seffent, Vetschau, Orsbach, Lemiers und Vaelserquartier
entwickelt haben. Wir haben schon die ältesten Strassen unserer Gegend genannt, nämlich 1. die grosse
von Aachen nach Maastricht und weiter nach Lüttich führende Königsstrasse.
Sie führte über Maastricht, Heer, Bemelen,
Gasthuys, Wolfshuys, Schuelder, Gulpen, Wittem, Hilleshagen, Villen, Lemiers, Melaten, Aachen.
Über diese Wege zogen die römischen Legionen unter Cäsar zum Rhein; Meilensteine zeigten die gleichmässigen Etappen
an. In Lemiers scheint einer dieser Steine am Ausgang des alten Villener Weges,
wo jetzt das Kreuz steht, am Weg zum »Kool«, gestanden zu haben. Wo sich die
Wege kreuzten erhob sich gewöhnlich die Statue einer römischen
Gottheit oder ein Viergötterstein, worauf die Reisenden gewöhnlich Opfer für
eine günstige Reise darbrachten. Diese einsamen Göttersteine trugen dazu bei,
dass diese Stellen für heilig gehalten wurden.
Die Kirche schaffte in ihrer Weisheit die Gebräuche der Heiden nicht ab, sondern wusste
dieselben in christliche Gebräuche umzuwandeln. Diese heidnischen Götteraltäre
verschwanden und an ihre Stelle traten dann sehr oft Kreuz oder die christliche Kapelle.
So stand früher ein Kreuz zwischen dem „Schneeberg“ und dem
„Schwarzenkopf“ in der Nähe wo der alte Herzogenweg mit der „Königsstrasse“
kreuzte unter dem sogenannten „Mierbäumchen“ (oft verwechselt mit dem
„Seffenterbäumchen“ auf dem Schneeberg) einem schweren Lindenbaum.
Das Kreuz wurde durch die protestantische Herrschaft vom Pfaffenbruch
nicht mehr unterhalten und verschwand. An dieser Stelle war es auch, wo sich einst
zwei Schäfer, die miteinander in Streit geraten waren, erschlugen. Vaals lag
am Herzogenweg; es war die grosse Strasse (jetzt noch Hatzigweg genannt)
die vom Rhein über Rolduc oder Herzogenrade, Vaals Houtem nach Limburg (bei Dolhain)
führte. Hieraus sehen wir, dass Vaals nicht direkt an der grossen Völker- oder
Königsstrasse lag, sondern Vaals lag in einem Vallis
d.h. Tal wurde, währenddessen zu Villen eine römische villa rustica lag und
daher seinen Namen entlehnte. Ausser den zwei besprochenen Heerstrassen hat unsere Gegend auch noch viele andere Wege zu
verzeichnen, welche alle darauf hinweisen, dass in landwirtschaftlicher Beziehung hier schon
früh ein grosser Austausch stattgefunden haben
muss. So hat ebenfalls schon sehr früh eine direkte Verbindung von Vaals mit Aachen
bestanden. Die jetzige Akenerstraat war schon 1663 bekannt als die Gerichtsstrasse von Aachen.
Diese Strasse, welche durch Vaalserquartier nach
Aachen führt, hat sich wie alle alten Strassen zwischen Vylen, Holset und Lemiers aus den
von Ort zu Ort getretenen Pfaden entwickelt, Ausser dem früheren Maastrichterweg,
welcher über Vylen, Lemiers nach Aachen führte,
haben wir noch verschiedene andere Wege in unserer Gemeinde, von denen ich einige angeben will. Wir wollen jetzt wieder zurückgehen, um die Holseter Bank, wozu Vaals und Vylen immer gehört haben, und nach der Einraderbank, welche ein grosses Gebiet in unserer Gegend besass, zu besprechen. Die Archive von Maastricht besitzen hiervon ausführliche Verhandlungen, welche man in „het Rijksarchief“ gratis einsehen kann. Über die Laat- oder Schepenbank führen wir jetzt vieles an, das uns Herr Dr. Goosens, Archivaris aan ‚t Rijksarchief te Maastricht, zur Verfügung stellte. Anmerkung: Am Kettenweg, nicht weit von Holset, steht an der Strasse ein Kreuz. Der Volksmund erzählt, dass hier zwei Grafen, einer war von Teemen, ein Duell führten und einer erschossen wurde. |
Laatbanken in der jetzigen Gemeinde VaalsWir haben angegeben, wie sich aus dem Herrenhofe durch das Lehnsystem die Latengüter entwickelten und wie dadurch die Laat- oder Schöffenbank entstand, welche aus dem Schultheiss oder Statthalter und den Schöffen zusammengestellt war, die durch den Herren der Bank angestellt wurden. So sehen wir in der Herrschaft Villen, die Grundfrau, Äbtissin von Burtscheid, in der Herrschaft Einrade den Herrn von Einrade und in der Herrschaft Vaals den Herrn der Herrschaft Vaals und Holset einerseits als Vasallen des Herzogs von Brabenat, anderseits aber auch als Lehnherren, welche die ihnen gehörigen Güter ihren Laten zur Benutzung überliessen und durch ihre Statthalter (schout) mit den Schöffen das übliche Latengericht abhalten liessen. Der Äbtissin gehörten als Grundfrau die Früchte des Feldes und sie war verpflichtet einen Teil der Kirche zu unterhalten. Früher bestand hier ein Kloster der Tempelieren, doch ist dasselbe dermassen verwüstet worden, dass man schon 1750 keine Überreste mehr davon fand. Zum vollständigen Überblick und auch zum besseren Einblick in das Gerichtswesen
der Laten- oder Schöffenbank, welche sich mit der Zivil- und Rechtsverwaltung
Jahrhunderte lang in unserer Gemeinde befasste , wollen wir mit
der Bank von Villen anfangen. Ursprünglich trug das Dorf Villen mit dem nahe
gelegenen Nyswiller den Namen „Littemala“. Man ist der Meinung zugetan,
dass erstgenanntes mehr angedeutet ist mit „Littemala superior“,
während Nyswiller angedeutet sein soll mit „Littemala inferior“.
Soll hierunter nicht Lemiers verstanden sein? Andere sagen, dass der Name Mala,
abgeleitet von Littemala (am Ufer gelegen) noch fortbestehen sollte in
Mamelis. |
Die Grundherrlichkeit EinradeEs ist zweifellos sehr interessant, dass sich in dem kleineren Dorfe Holset ein
Lehnstaat oder Herrschaft mit einem Schloss als Mittelpunkt befand.
Heute noch fällt uns der zur Herrschaft Einrade gehörige Hof als das antikste
Stück unserer Gegend auf. In einem anmutigen Tal, nahe am Rand des
Holseter Waldes hatte sich in dieser friedlichen Gegend aus den alten
königlichen Gütern eine Herrschaft gebildet, welche sich teilweise ausstreckte
in das Band von Herzogenrade, teilweise in das Herzogtum Limburg. Sie
besass eine Schöffenbank, die keine kriminelle Rechtsprache besass.
Die Missetäter wurden ausgeliefert an eine der beiden Oberherren, je nachdem ob die
Tat auf limburgischem oder Herzogenrader Boden stattgefunden hatte.
Der Herr einer solchen Herrschaft besass allerlei eigentümliche
und altehrwürdige Rechte. So besass Einrade unter anderem das „Molenrecht“, wo
alle Laatmannen mussten „laten malen“. Die Zehnten von
verschiedenen Höfen und Ländereien mussten abgetragen werden.
Im Archiv von Holset befindet sich eine Pergamentrolle, durch Dr. Goossens entziffert, woraus
wir ersehen, dass 1375 viele Güter in Oersberch, Lommiers, Holsitt,
Eynroede, Harlis, Villen, Voels, zen Roederen, Gymmenich, Fulckrich, Gulpen,
ende Cartyls, Iliashoeven en de Gastmolen usw. ihre Rechte und Cense in denarien
und solidi (alte Münzen) mit capygn, sumberen rogge en nude even an
die Herrschaft von Einrade abzahlen mussten. Im Anfange des 19. Jahrhunderts bestand das Schloss noch, daselbst wohnte eine
70-jährige Frau Lambertz de Cortenbach, die von der kirchlichen Obrigkeit
die Erlaubnis erhielt in ihrer Schlosskapelle die hl. Messe lesen zu lassen.
Schöffen und Schultheissen von Einrade: Eversen und Meuleners meinen, dass infolge Verpfändungen die Schöffenbank von Einrade sich in die von Holset (Vaals-Villen) aufgelöst haben sollte und stützen sich dabei auf eine Einschreibung von 15. September 1654 im obengenannten Register. |
Hoofdbank »Vaals-Holset-Vylen«Vorwort: Das verhehmste und wichtigste Recht des Herrn einer Herrschaft bestand in der Rechtsprache; wie unbedeutend auch noch eine Herrlichkeit sein mochte, stets war mit derselben eine grosse Rechtsmacht (jurisdiction) verbunden. So stand es auch mit der Bank Holset für Vaals, Holset und Vylen. Dieselbe war mit einer höheren, mittleren und niederen Rechtsmacht ausgestattet. Und so konnte Limburg mit seinen Dutzenden Schöffenbanken (in unserer Gemeinde waren bereits deren vier) die hier 1794 bestanden, ein Wort mitsprechen und die Richtigkeit des Ausspruches einer unserer Gelehrten, des Herrn Habets begründen, dass in mancher Hinsicht das Mittelalter fortdauerte bis zur französischen Revolution. Wir haben schon über zwei Schöffenbanken unserer Gemeinde gesprochen und nun folgt die Bank von Vaals. Wie setzte sich denn eigentlich eine solche Schöffenbank zusammen? Was ich hier schreibe, gilt nicht für die grösseren Städte unserer Provinz, wo das Recht erträglich geblieben war; doch auf dem Lande, wozu wir uns bis zum 17. Jahrhundert auch rechnen müssen, wie sah es da aus? Die Rechtmässigkeit einer Schöffenbank war in erster Instanz, wenn sie Recht in zivilen Sachen sprach, unbegrenzt. Sie war nicht das, was jetzt das Kantongericht ist, dessen Recht begrenzt ist, sondern sie war der gewöhnliche Richter. In Strafsachen behandelten die Schöffenbanken alles, von den grössten Missetaten bis zu den geringsten Übertretungen. Im allgemeinen bestand sowohl in bürgerlichen wie in Strafsachen Appell. So ging man von Villen in höheren Appell nach Holset. Auch zu Einrade wurde keine Aussprache getan. Ob damals schon die Laatbank Vaalsbroich bestanden hat, ist mir unbekannt. In jedem Falle hatte sie keine höhere Rechtsprache. Wenn die damaligen Schöffenbanken aus wenigstens drei Schöffen bestanden, wobei der »Schout« als Vertreter des Herrn der Bank auftrat, wird sich mancher vielleicht die Frage stellen, wie es wohl in jener Zeit, wo unsere Provinz kaum die Hälfte der Bevölkerung zählte, möglich gewesen ist, die tüchtigen Kräfte für all die Schöffenbanken zu finden. Aber der Herr einer Bank legte wenig Wert auf die Rechtsprache derselben, sondern sie war ihm nur ein Mittel, um Geld zu verdienen, wie ein Geschichtsschreiber berichtet. Im übrigen kümmerte er sich wenig um den Gang der Sachen. Der Herr hatte bloss Schöffen nötig, die sich als Werkzeuge brauchen liessen. Ihm waren die schlechtesten gut genug. Wenn Aussprachen getan wurden durch Rechtskollegien, zusammengestellt aus unwissenden und öfters dummen Menschen, die oft unter dem Druck des Herrn Recht sprechen mussten, so ist es leicht zu verstehen, dass Rechtsuchende, wenn sie verpflichtet waren, Leib, Ehre und Gut dem Urteile einer Schöffenbank zu unterwerfen, Wert darauf legten, dass im gegebenen Falle ein höherer Richter die Urteile untersuchen möge. So bestand für Reichsherrschaften der Appell von dem Schöffengericht an den kaiserlichen Rechtsstuhl in Aachen. Man ging von Vylen in höheren Beruf nach Herzogenrath in zivilen Sachen. Kriminelle Missetäter wurden dem Oberherrn, dem Herzog von Brabant ausgeliefert. Am Ende des 16. Jahrhundert ging man in höheren Beruf nach Holset, das eine sehr alte Schöffenbank besass, welche die Hauptbank für Vaals, Villen und Holset war. Was die Bank von Einrade anging, so wurden dort die kriminellen Missetäter ebenfalls dem Oberherrn ausgeliefert. In unserer Gegend bestanden ziemlich gesunde Rechtszustände und man darf darauf nicht anwenden, was von anderen Schöffenbanken in Limburg gesagt worden ist. Vaals lag ursprünglich im Lütticher Gau, später im Aachener Gau wenigstens bis 1661; teilweise im Aachener Reich, wie wir sehen werden. Kirchlich lag Vaals im Kirchensprengel des Bischofs von Lüttich und gehörte,
ehe es zur Pfarre erhoben wurde, zu Laurensberg. Über die innere Verwaltung ist uns nur bekannt, dass es im Jahre 1323 eine Schöffenbank besass. Bei dieser Bank ging man in höheren Appell im 16. Jahrhundert von Villen
aus. Dieses weist schon auf die Tüchtigkeit dieser Bank hin. Vaals hat sich entwickelt, wie wir sahen, aus einem Fronhofe der römisch-kaiserlichen Zeit, der zuerst von der Aachener Kaiserpfalz abhängig war, und unter
den merowingischen Königen einer ihrer Getreuen in Lehn gegeben wurde. Dieser Lehnmann oder Vasall wurde wieder Lehnherr in der Weise, dass er seine überflüssigen Güter an andere in Lehn gab und bei dem sich andere
Bürger anschlossen um Schutz zu suchen. Wir haben ferner gesehen, wie sich aus diesen Beziehungen die Bank entwickelte, welche aus dem Herrn der Herrschaft bestand, seinem Statthalter und Schöffen, wozu sich dann noch der
Polizeidiener oder Bankbott gesellte. Dass Vaals schon frühzeitig eine Herrschaft war, ersehen wir aus den uns schon früh bekannten Namen einiger Herren von Vaals; nämlich Stephan de Vaals (1100), ebenso 1133 ein Radulfus
de Vaals; Wilhelmus de Vaals ist im 13. Jahrhundert Mitglied des Aachener Schöffenstuhles gewesen. Aus der Bank der Herrschaft von Vaals ist wahrscheinlich die Hauptbank für Vaals, Villen und Holset entstanden, mit ihrem
Sitz in Holset, worüber 1323 berichtet wird. Wenn wir jetzt über die Hauptbank »Vaals-Villen-Holset« sprechen werden, dann müssen wir von der Botmässigkeit dieser Bank einen Teil von Vaals absondern,
der, obwohl er diesseits des Landgrabens lag, doch noch bis 1663 von Aachen aus verwaltet wurde. Es waren ungefähr 50 Häuser (scheint übertrieben), zu welchen auch das alte Pfarrhaus samt dem vorderen Teil der Kirche
bis zur Türe derselben gerechnet wurde. Wir werden später darauf zurückkommen. Dieser Teil umfasste vom früheren Pastorat aus alle Häuser der Aachener- oder Gerichtsstrasse, die an der Seite, wo jetzt die »Fransche
Kirche« steht, gelegen waren. Mit dieser Ausnahme umfasste in der höheren Rechtsprache die Bank »Vaals-Villen-Holset« das jetzige Vaals und auch die Gemeinde, in der niederen Rechtsprache nur einen Teil davon.
Diese Bank kommt in den Gerichtsstücken unter verschiedenen Benennungen vor. So im Jahre 1618 unter dem Namen Holset-Eynrade-Villen. Im Jahre 1630 ist die Herrschaft Vaals gelegen unter der Bank von Holset; im Jahre 1639 wird
dieselbe die Bank »HolsetVaals« genannt. Die Geschichte der Bank lautet als folgt: In seiner Majestät Rechenkammer in Brüssel befindet sich eine Unkunde folgenden Inhalts: Holset und Vaals wurden den 13. August 1626 durch den König von Spanien als Herrschaft verpfändet
an Adolf Bertolf von Belven für die Summe von 3700 florin. (Wapen: in azuur een zittend eenhoorn van zilver, het hoorn van goud.) „In 1659 verkreeg de schepenbank van Holset, Vaals en Villen eenen zegelstempel. Deze vertoont de beeltenis van den kerkpatroon van Holset, den H. Lambertus, bisschop, gekleed in bisschoppelijk ornaat, staande ten vollen lijve van voren; houdend in de rechterhand, schuins vóór zieh, den kromstaf met de kromming biaitenwaarts gekeerd, en de linkerhand dragende op de borst; in het veld van het zegel, ter hoogte van de schouders, is het jaartal van den stempel (1659) aangebracht, rechts 16 en links 59. Omschrift: S. Curiae in Holset. Vaels et Vilen. Tusschen het einde en het begin van het omschrift bevindt zieh een klein klimmend leeuwtje naar links gewend, om de souvereiniteit van het land van 's-Hertogenrade aan te duiden. In 1711 werd een tweede en kleinere stempel ten gerieve der schepenen vervaardigd. Deze vertoont eveneens de beeltenis van den genoemden kerkpatroon, doch houdende den kromstaf paalsgewijze geplaatst in de rechterhand naast zieh en dragende in de linkerhand, vöör de borst een boek; het jaartal van het vervaardigen van dezen stempel is op dezelfde wijze als op het voorgaande zegel in het veld aangebracht. Ook het omschrift luidt hetzelfde, terwijl het leeuwtje van het land 's-Hertogenrade op dezen zegel naar rechts gewend is. (Midd. 2,7 cM). Beide zegelstempels zijn thans nog op het raadhuis te Vaals aanwezig. " Wir wollen jetzt noch einige wichtige Jahreszahlen für unsere Gemeinde anführen. Im Jahre 1678 den 7. Dezember hat die erste Versammlung der Bank von Vaals stattgefunden, nachdem die Banken aus den Landen von Overmaas an »Hare Hoogmogenden, de Staten General« abgetreten waren. 1679 wurde durch die Bank von Vaals Jan Kockarts als erster Bürger von Vaals und so auch als holländischer Bürger aufgenommen. 1681 Ablegung des Eides durch D. A. Burette als schout und erhielt gleichzeitig die Bank ihre »Instructies voor de procureurs«. Am 25. Oktober 1685 gerichtliche Besitznahme der Mühle zu Vaalsbruch. Seit 1663 hatten sich alle Bürger in den staatischen Dörfern einem neuen Grundgesetze zu unterwerfen; welches wichtige Änderungen in den alten Gebräuchen und Gesetzen brachte. Am 8. März 1632 wurde es den Einwohnern, unter Androhung als Aufständige behandelt zu werden, verboten, sich noch weiterhin dem Rat von Brabant in Brüssel zu unterwerfen, was bisher bei der Bank Holset, Vaals, Villen und Einrade geschehen war. An Stelle des Rates von Brabant wurde der brabantische Leenhof in den Haag durch die Staaten errichtet, welcher auch in späterer Zeit das Appellgericht blieb für die Länder von Overmaas. Auch wurden jetzt die »Landstenten«, welche aus den Abgeordneten der Bank und der Ritterschaft zusammengesetzt waren und unter dem Vorsitz eines Vogtes standen, abgeschafft. Vor der französischen Revolution kommen noch als einflussreiche Personen in Betracht: 1792 Joh. Arn. von Clermont, sich nennend »Opperrechter en oppererfheer van den Maelensbosch«. 1794 F. C. Heinrich v. Clermont, Friedensrichter in Vaals im dritten Jahre der Republik. Recht wurde gesprochen durch den Friedensrichter und die Assessoren des Gerichts. Dieses Gericht wurde »Ondergerecht« genannt. Als Maire (Bürgermeister) der Gemeinde (municipalitaet) Vaals wurde am 27. November 1794 als erster Herr J. H. Fellinger ernannt. In der Zeit der französischen Revolution wurde mit dem französischen Adler gesiegelt. Nach der französischen Revolution musste man eine genaue Beschreibung des alten Schöffenstempels geben. Am 22. Februar 1816 schrieb der damalige Bürgermeister F. C. H. Clermont an den Gouverneur der Provinz Limburg u.a. folgendes: „In Übereinstimmung mit der Bittschrift betr. des Wappens, habe ich die Ehre, an Ihre Excellenz einen Abdruck einzusenden von dem Wappen, das man in dieser Gemeinde gebrauchte, bevor dieselbe durch die Franzosen besetzt wurde". Diesem Schreiben fügte er einen Abdruck in Lack des bereits beschriebenen grössten Stempels bei. Trotz nochmaligem Schreiben blieb die Angelegenheit ruhen und Vaals blieb bis 1890 ohne Wappen. Im Jahre 1890 wurde durch den damaligen Bürgermeister C. Ruland und den Gemeinde-Empfänger Th. Gudden ein neues Wappen angefragt und durch königlichen Beschluss vom 24. Juli 1890, No. 25 wurde an die Gemeinde Vaals ein neues Wappen verliehen, welches wie folgt beschrieben wird: »In keel den H. Lambertus in bischoppelijk ornaat van goud en gedekt met een myter van hetzelfde, het gelaat en de handen in natuurlijke kleur, houdende een bisschopsstaf en een ]ans, beiden van goud, de bisschop steunt met zijn linkerhand op een voor hem geplaatst schildje van zilver beladen met een naar rechts gewenden springenden leeuwvan keel, met dubbelen staart, getongd en geklouwd van goud ('s-Hertogenrade), alles op een terras van sinopel«. |
Im Anschluss an die bisherigen Ausführungen über die Bank Einrade, Villen, Holset-Vaals-Villen, gehen wir jetzt zur Beschreibung der vierten Bank über, nämlich Vaalsbruch. Vaalsbruch war nur eine Grundherrschaft mit Laatbank. Ursprünglich war Vaalsbruch ein grosser Hof mit Herrenwohnung. Einer der Eigentümer hatte einen grossen Teil seiner Ländereien an die Bauern abgestanden mit der Verpflichtung,
dass dafür ein jährlicher Zins bezahlt würde und dass bei Absterben und Verkauf ein Übertragen stattfinden müsste in Gegenwart des Eigentümers oder seines Statthalters (Meyer) und einiger (meistens zwei)
Bauern, die auch von diesem Lande besassen. Wenn betreffs des Landes Verhandlungen geführt wurden, so geschah dies ebenfalls vor dem Meyer und seinen Laatschöffen, die die Laatbank ausmachten. Der Eigentümer wurde Laatherr
oder gewöhnlich kurz Herr genannt und sein Gut nannte man auch Herrschaft oder Herrlichkeit. Als Eigentümer oder Herren von Vaalsbruch werden angeführt: Maria Crümmel von Nechtersheim, welche Vaalsbruch durch Heirat
an Andreas van Eijs genannt Beusdal brachte. Ihr Sohn Joh. Wilhelm v. Eijs genannt Beusdal (gestorben 24. März 1656) war verheiratet mit Maria von Doenrade, welche am 7. Juli 1668 starb. Ihr Sohn Wilh. Ad. v. Eys-Beusdal, Schöffe
und Schöffenmeister zu Aachen, war verheiratet mit Flor. Kath. v. Voss zu Brunssum. Später, im 18. Jahrhundert kam Vaalsbruch an die Familie von Clermont. Van Eys, genannt Beusdal, war nicht Herr »von Vaals« sondern
»zu Vaals« (nämlich Grundherr von Vaalsbruch). Auch besass er einige herrschaftliche Rechte, wie z.B. das Jagdrecht. In einem Aufsatz über Vaals schenkte man dem einst im Besitze der Familie von Schwartzenberg
befindlichen Schloss besondere Bedeutung. Nach den mir zur Hand stehenden Bullen ist es nicht bekannt, dass die Angehörigen der Familie von Schwartzenberg zu Vaals gewohnt haben. Dieselben waren Herren der Bank Holset-VaalsVylen
und gehörten eigentlich zu Aachen. Im Totenregister von Vaals kommen wohl die Namen von Schwartzenberg vor, die aber keinen Bezug haben mit den Herren der Bank. Auf jeden Fall steht sicher geschichtlich fest, dass in der Zeit,
wo die von Schwartzenberg Herren von Vaals waren, die Familie van Eys, genannt Beusdal, Besitzer und Herren der Herrschaft Vaalsbruch waren. |
Kirchengeschichte - Das Bistum RoermondKarl V., der sich den Neuerungen des Protestantismus auf kirchlichem Gebiete in den Niederlanden entgegensetzte, war der Meinung, dass als bestes Mittel zur Bekämpfung der protestantischen Lehre und zur Verbesserung der kirchlichen
Zucht, die Errichtung neuer Bistümer sei. Er brachte selbst dies Werk nicht mehr zustande, und überliess diese schwere Aufgabe seinem Nachfolger. Dieser errichtete neben vielen anderen Bistümern auch das Bistum Roermond
unter der Regierung des Papstes Pius IV. Im Jahre 1561 wurde dasselbe bei Breve »Regimini universalis« bestätigt. Von den Ländern von Overmaas kam nur das Land von Valkenburg an das Bistum Roermond, während
Philipp II. die drei übrigen Länder von Overmaas, das Land von Daelhem, 's-Hertogenrade (worunter Vaals gehörte) und Limburg dem Bistum Lüttich überliess. Bis 1801 gehörte das gegenwärtige Bistum
Roermond drei Bistümern an: 1. dem alten Bistum Roermond, 1581 errichtet; 2. dem Bistum Lüttich (durch den hl. Hubertus von Maastricht nach Lüttich übergebracht); 3. dem Bistum Köln gehörten damals an
Gennep, Ottersum, Mook und Bergen. |
Protestantische Unruhen im 16., 17. und 18. JahrhundertIm Jahre 1568 brach der 80-jährige Krieg aus. Alles was aus früheren Zeiten an frommen Einrichtungen bestand, wurde in der Zeit dieses Krieges verwüstet, wo fremde Kriegshorden unsere Gegend durchstreiften und selbst die Kirchen und Klöster in Flammen aufgingen. In den Niederlanden festigte sich eine neue Macht, nämlich die Republik der vereinigten Provinzen. Sie entspross 1579 aus der Union von Utrecht und wuchs in kurzer Zeit zu einer Grossmacht an, welche zu ihrem Vorteil im 80-jährigen
Kriege (1568-1648) ihre Macht auf die Wagschale warf. Welches waren nun die Ursachen für den Freiheitskampf der Niederlanden? Es waren die spanischen Besatzungen, Strafedikte gegen die Ketzer, die bedeutende Vermehrung der Bistümer
unter der Statthalterin Margaretha von Parma, der Schwester Philips und ihrem Beirate Granvalla, welche in den niederländischen Provinzen Unruhen erweckten. Die ersten Aufständigen führten den Namen Geusen (aus Geuse
= Bettler entstanden). Dazu gehörten 300 Edelleute, welche den Pöbelaufstand, Bilderstürmerei und Plünderung der Kirchen veranlassten. In dieser Zeit verliessen Wilhelm von Oranien und viele andere Niederländer
das Land. 1567 erschien der gestrenge Alba mit seiner Armee, liess ohne Margaretha's Zustimmung u.a. die Grafen von Egmont und Horn aus Wert verhaften. Alba verwaltete das Land, die Güter der nicht auf dem Blutrat (Rat der Unruhen)
Erschienenen (auch Wilhelmus von Oranien) wurden konfisziert. Die beiden Brüder Oranien, die mit einer Armee, zusammengestellt aus Flüchtlingen und deutschen Söldern, in unsere Gegend eingefallen waren, wurden zurückgeschlagen.
Alba legte neue Vermögenssteuern auf und verbot den Handel mit England. Alexander Farnese von Parma (1578-92), der Sohn Margaretha's rettete als Statthalter die katholischen (belgischen) Provinzen für Spanien, während die sieben reformierten nördlichen Provinzen (1579) sich in der Utrechter
Union zu einem Ganzen vereinigten und 1581 sich gänzlich von Spanien losschlugen und die erbliche Grafenwürde an Wilhelm von Oranien (1584) übertrugen. Dieser wurde in demselben Jahre zu Delft ermordet. Sein Sohn, der
17-jährige Moritz von Nassau-Oranien, trat jetzt an die Spitze des Staatsrates, der die Regierung führte. Alexander von Parma eroberte 1585 Antwerpen und unterwarf die südlichen Provinzen. Nach diesem ganz allgemeinen Überblick gehen wir wieder zurück in die Zeit vor dem 80-jährigen Kriege. Schon vor diesem Kriege treffen wir in unserer Provinz Protestanten an. Der berühmte Geschichtsschreiber Habets schreibt wie folgt: „De eerste hervormers, die in deze provincie optraden, waren voor zooverre wij konden achterhalen, volgelingen van Luther. Hun invloed echter op het volk bleef onbeduidend, doordien zij zich kort daarna reeds oplosten in de meer krachtig optredende secte der wederdoopers. Deze kreeg hier meer vasten voet. Op weinig na, zegt een ander geschiedschrijver, is de geschiedenis van 't Anabaptisme (wederdoopers) de geschiedenis der Kerkhervormiger in Nederland van 1530-1566". Sehr scharf und streng Iauteten die Plakate des Kaisers Karl V. gegen die Ketzer. Am 15. Februar 1535 gab KärI V. einen Befehl aus, worin er den Gouverneur des Herzogtums Limburg beauftragte, alle Wiedertäufer, die er in seine Macht bekommen konnte, zur Bestrafung an die Schöffen von Limburg auszuliefern. Mit der Vertreibung der Wiedertäufer scheint die Reformation hier zu Ende gegangen zu sein. Erst 30 Jahre später sehen wir ihre Anhänger als unvertragsame Kalvinisten zurückkehren, die 1560 aus Frankreich nach Holland gekommen waren. Im Jahre 1556 fand der Bildersturm statt, der in den Ländern von Overmaas keine grösseren Unruhen erweckt hat. In Maastricht, wo der Kalvinismus gepredigt worden war, treffen wir schon im Jahre 1567 ungefähr 2000 Protestanten an, während sich in den Nachbarländern von Overmaas noch viel mehr befanden, welche über die Dörfer
des Herzogtums Limburg und Dalhem verbreitet waren. Schon aus dieser Zeit datiert die protestantische Geschichte von Vaals. Diese Gegenden hatten vieles in dem Blutstreit unserer Väter mit dem Könige von Spanien auf religiösem
Gebiete zu leiden. September des Jahres 1568 kam Prinz Wilhelm von Oranien aus Deutschland und lagerte sich mit seinem Kriegsheer, welches er gegen den Herzog Alba anführte bei Gupen (Wittem) nach der Seite von Vaals. Sein Zweck
war, dem Herzog, der bei Maastricht sein Lager hätte, in den Rücken zu fallen. Während seine Soldaten in den umliegenden Dörfern stahlen und raubten verlangte er von der Stadt Aachen eine Kriegssteuer von 50 Tausend
Talern mit der Drohung, bei Weigerung die Stadt zu plündern. |
KirchengeschichteDer erste Bischof von Roermond Lindanus machte von dem Friedensjahre Gebrauch und kam auf seiner Firmungsreise bis nach Heerlen, wo sich Firmlinge von 50 bis 80 Jahre befanden. Aus Aachen, das damals durch die protestantischen Umwälzungen heimgesucht war, strömte eine Menge Gläubiger ihm entgegen. Kaum war der Bischof nach Roermond zurückgekehrt, so tat die meuternde Armee Wilhelmus von Oranien wieder einen neuen Einfall. Roermond hatte viel darunter zu leiden. Die Geschichte der Märtyrer von Roermond, die damals als Karthäuserpatres das jetzige »Groot Seminarie« bewohnten, ist den Lesern vielleicht bekannt. In den Ländern von Overmaas erschien er nochmals, als er am 10. August die kölnischen Truppen, die angeführt wurden durch Jan van Brempst und mit denen die Truppen von Alba vereinigt waren, überfiel und schlug. Kaum war Alba nach Spanien zurückgekehrt und hatte sein Nachfolger Ludwig de Requesens die Leitung auf sich genommen, da zog Ludwig von Nassau an der Spitze von 9000 Fussknechten und 3000 Reitern in das Land von Overmaas ein, um Maastricht zu belagern. Seine Truppen waren erfüllt von Hass gegen alles was katholisch war und glichen vollkommen den Söldnern, die sein Bruder im Herbst 1568 angeführt hatte. Er zog sich nach schwerem Verlust nach Gulpen zurück, wo er bis Anfang April blieb. Don Sachez d'Avilla verfolgte ihn und schlug ihn bei Mook, wo Ludwig mit seinem Bruder Heinrich das Leben liessen. So endete der neue Einfall auf traurige Weise. Inzwischen war der Zustand in unserer Gegend nicht besser geworden. Das schöne Geultal war in ein Tal des Elends umgewandelt. Von dieser Zeit an datieren die andauernden Fehden zwischen spanischen Soldaten und staatischen Freibeutern bis zum Jahre 1599. Im Jahre 1599 erschienen zu Simpelveld und Gulpen staatische Freibeuter. Auch dort raubten sie Pferde, nahmen den Einwohnern alles weg und nahmen sie zuletzt selbst gefangen. Von Gulpen wurden die Gefangenen massenhaft nach Vylen gebracht. In Vylen hatten die Freibeuter kaum angefangen zu plündern, da erschienen 27 Reiter aus der spanischen Garnison aus Roermond. Die Staatischen wurden überrumpelt, gefangen und getötet. Nur acht von ihnen entkamen. Ein schlechter und gefährlicher Nachbar war das nahegelegene Aachen, wo die Prostestanten den Herrn spielten und von wo aus die Staatischen die Länder von Overmaas unterdrückten, aussaugten und niederbrannten. Im Jahre 1598 wohnte da ein gewisser Cronenburgh, Staatskommissar und ein Mann, namens Gost, der den Titel »Kontroleur« führte. Diese standen seit drei oder vier Jahren an der Spitze einer Bande, die im Lande von Overmaas viele Unruhen verursachte. In diesem Jahre sandte der spanische Gouverneur-general Prins von Mansfeld an die Regierung von Aachen ein Schreiben, worin er forderte, diese Leute aus der Stadt zu entfernen, und den von denselben verursachten Unruhen sofort ein Ende zu machen. Von jetzt ab hörten die staatischen Einfälle auf, und es begann eine verhältnismässige Friedenszeit, die bis 1632 dauerte. In diesem Jahr fiel der Statthalter Frederik Hendrik van Oranje mit einer grossen Truppenmacht in Limburg ein und Maastricht wurde erobert. Diese Kapitulation war sehr verhängnisvoll für die limburgische Geschichte. Sie stürzte die Einwohner des Landes in eine Flut von Unglück. Maastricht wurde das Hauptquartier, woraus die Staatischen allerlei Expeditionen und Raubzüge in die Umgegend unternahmen. „De inname van Maastricht in 1632 door Frederik Hendrik", sagt ein holländischer Geschichtsschreiber „was als het wäre het sein tot een eindelooze reeks van krijgstochten in de landen van Overmaas, ook tot wederzijdsche plunderingen van Spanjaarden en Staatschen, beiden onder den naam van retorsien bekend." Am 8. September 1632 wurde die Stadt Limburg eingenommen und kam zugleich der Prinz in den Besitz von Valkenburg, Herzogenrath und Daelhem. Bei der Übergabe der Stadt Limburg wurde durch den Prinzen der folgende Befehl erlassen: „In der Stadt Limburg und im ganzen Lande von Overmaas wird die öffentliche Ausübung des kath. Gottesdienstes, so wie es bisher gewesen ist, ohne Hindernis in den Kirchen und Klöstern und überall zugestanden". 1648 wurde der Friede von Münster geschlossen, der dem Kriege zwischen Spanien und den Niederlanden ein Ende machte. Jetzt kommen wir an jene Zeiten, wo in der Geschichte von Vaals nacheinander und gleichsam in einer Reihe solche Auftritte vorkommen, wovon wir lieber schweigen als reden möchten, besonders, da es schmerzlich fällt, alte Wunden
aufzureissen. Wir verstehen hierunter die Religionserneuerungen mit ihren Verfolgungen und Gewalttätigkeiten. Schon 1632, kurz nach der Übergabe von Maastricht und Limburg, fingen die Staatischen an mit der Anstellung von
neuen Beamten. Aber wie wir gesehen haben, fiel Limburg 1635 an Spanien zurück, während 1644 die Staaten Valkenburg, Herzogenrath und Daelhem zu Holland kamen. Hier stellten die Staaten neue Beamten an: Drossards, Statthalter
der Banken, Empfänger usw. Die Spanier widersetzten sich dagegen und forderten, dass man mit der Anstellung von Beamten und der Einforderung der Steuern aufhören sollte. Am 15. April 1623 wurde die Bestimmung erlassen, dass überall in Limburg und in den Ländern von Overmaas, wo zwei Kirchen vorhanden waren eine den Protestanten abgetreten werden musste und dort, wo nur eine Kirche bestand, dieselbe gemeinschaftlich benutzt werden sollte, in der Weise, dass die beiden Konfessionen abwechselnd ihren Gottesdienst in derselben abhalten konnten. Am 18. April 1633 sah sich der Bischof von Lüttich genötigt ein Schreiben zu erlassen, worin er die Ausübung des protestantischen Gottesdienstes in den katholischen Kirchen seines Bistums verbot. Die Staaten General verboten nun ihrerseits überall, wo sie es vermochten, die Verlesung dieses bischöflichen Schreibens. Am 14. April 1649 erschien eine Bekanntmachung, worin unter Androhung von Strafe verboten wurde, die angestellten protestantischen Prediger in der Ausübung ihres Amtes zu hindern. In einer anderen am gleichen Tage erlassenen Bekanntmachung wurden die katholischen Geistlichen nochmals aufgefordert, das Land zu verlassen und alle katholischen Schulen usw. verboten. Unter Strafe wurde fernerhin verboten katholische Geistliche zu beherbergen. Wer dieses Verbot nicht beachtete, wurde beim dritten Male verbannt. Nochmals wurde am 10. Februar 1651 die Bekanntmachung betreffend der Ausweisung der katholischen Geistlichen wiederholt. Auch hatten die vereinigten Staaten der Niederlande beschlossen auf Kosten der Einwohner die Kirche von Vaals zu vergrössern, damit sie ebenfalls als Bethaus der Protestanten von Aachen, Burtscheid und Umgebung dienen könnte. Eine Bekanntmachung der Spanier erklärte nun diese beiden Verordnungen in Widerspruch mit Artikel 3 des Friedensvertrages von Münster. Da die Staatischen dieser Bekanntmachung keine Beachtung schenkten, sandte der spanische Kommandant der Stadt Limburg eine Abteilung Truppen nach dem Aachener Gebiet um die Protestanten aus Aachen, die in Vaals zur Kirche kamen, zu überfallen. Sie beraubten diese Kirchgänger ihrer Mäntel, Hüte und sonstiger Sachen. Auch selbst dem Prediger nahmen sie den Mantel ab, nachdem sie ihn vorher miss handelt hatten. Darauf folgte am 17. Oktober 1641 ein Aufruf von Peter Everhard, Landdrost, betreffend der Sicherheit der Wege in den Ländern von Overmaas, worin auf den Überfall, den die Aachener Protestanten erlitten hatten, hingewiesen wurde. Inzwischen waren von den zuständigen Behörden bereits Schritte getan, damit den Überfallenen der erlittene Schaden wieder ersetzt werde, widrigenfalls auf die Güter der katholischen Geistlichen Beschlag gelegt werde. Die Schicksalsschläge, welche die Einwohner von Vaals in den vorhin beschriebenen Zeiten erlitten, lassen wir jetzt folgen. In diesen unruhigen Zeiten wurden viele Menschen bei ihrer Verteidigung von Hab und Gut, von Soldaten und Banditen niedergeschossen. So steht unter den Namen der Verstorbenen im Kirchenbuch von Vaals Leonard in dem Bauch (13. Oktober 1601),
welcher durch einen Gewehrschuss getötet wurde; in demselben Jahre wurde von einem Soldaten aus Limburg ein anderer Bürger erschossen. Jetzt brach für Vaals eine Zeit der grössten Leiden an. Kriegsunruhen und Glaubenshass spielten in dieser Zeit eine Hauptrolle. 1650 musste der Pfarrer von Vaals zu St. Lambertus in Holset taufen, 1653 wegen der Menge Militär
auch in Gemmenich. 1654 wird ein Kind aus der Pfarre Gemmenich zur Taufe nach Vaals gebracht. Der dortige Pfarrer war vor den Freibeutern geflüchtet, welche damals das ganze limburgische Vaterland verwüsteten und keine Kirchen
und Burgen schonten. Am 16. Oktober 1654 taufte der hiesige Pfarrer in der Quirinuskapelle zu Melaten. Vom 15. Oktober desselben Jahres an sind sehr viele Kinder aus Vaals in der Kapelle von Orsbach getauft worden. 1657 taufte der
Pfarrer von Vaals hierselbst ein Kind vom Hofe »Heiliger Geist« und ein anderes Kind, dessen Eltern auf der Flucht waren. 1663 wird wiederum ein Kind aus Vaals in Gemmenich getauft, weil die Protestanten dem Pfarrer die
Kirche geschlossen hatten. So lesen wir auch weiter, dass genannter Pfarrer Zeuge bei Eheschliessungen in der Kapelle von Melaten und Orsbach war. Einige Auszüge aus den Aufzeichnungen über die Lotharinger lassen wir hier folgen: „De hertog Karel von Lotharingen, die door de Franschen van zijne landen en goederen was beroofd, en niets meer bezat dan een troep oude en woeste soldaten, had deze ter beschikking gesteld van de Spaansche regeering in de Nederlanden, en was er mede overeengekomen om te dienen in den oorlog tegen Frankrijk. Soldij ontvingen die vrijbuiters niet, maar de hertog liet hen rijkelijk zich vergoeden in de strooperijen en plunderingen, die zij overal onmeedogend aanrichtten. Waar zij voorbijtrokken, waren moord en brand aan de orde, en de meest lustige dorpen en streken weldra in rookende puinhoopen en desoldate met bloed gedrenkte vlakten veranderd. De Aartshertog Leopold van Oostenrijk, die destijds gouverneur der Spaansche Nederlanden was, konde, hoewel verontwaardigd over de gruweldaden van zijnen bondgenoot, er zieh niet tegen verzetten. Leger, politie, staatsbeheer waren te zeer in ontredderden toestand. Vier achter een volgende jaren zijn de Lotteringen hier in deze landen geweest, en haer winterquartieren gehouden, swermenden ten alle canten als de bijen, ende hebben 't sedert die jaren naementlijck 1651, 1652, 1653 en 1654, soo't rijck van Aecken als in de landen van Luijck, Overmaese en Kempen ende rontom Maestricht, soo in steden als dorpen, sulcken moetwille bedreven, dat het onmogelijck is te schrijven ofte verhaelen hoe sij geleeft hebben. Men sal noyt historie schrijven, noch daer en syn soo langen als de wereldt gestaan heeft baecken uytgegaen; noch martelaren syn die geleden hebben sulcke tyrannie als deze Lotheringen aangedaen hebben aen de luydens die sij hebben gecregen. Van het begintsel des werelts tot nu toe heeft men eenige tyrannen gevonden, die gedogt souden hebben wat dese gedaan hebben. Men leest van de heydense tyrannen, van Turcken, van de Roomse Keyzers, maer haere tyrannien waeren maer kinderspeel tegens die der Lotteringen." Um noch ein besseres Bild von den damaligen Zuständen zu geben, wollen wir jetzt über die Kirchengeschichte Näheres berichten. Vom Jahre 1600 an können wir interessante Tatsachen im Kirchenbuch unserer Pfarre finden. Das Buch beginnt mit dem Pfarrer Petrus a Keer im Jahre 1600. Er war Pastor in Vaals, Sacellanus in Holset und Kanonikus des Adalbertstiftes in Aachen. Seine zwei Vorgänger als Pfarrer in Vaals, Hendricus Klocher und Servatius Schaffraeth von 1589 bis 12. Juni 1600 hat dieser Pfarrer noch im Kirchenbuch erwähnt und dieselben so der Vergessenheit entrückt. Servatius Schaffraeth stand 11 Jahre unserer Kirche vor und starb den 12. Juni. Am 13. Juni wurde er auf dem Friedhofe des Convents der Predigtherren begraben. Wann Vaals eigentlich zur Pfarre erhoben wurde ist uns unbekannt. Wir wissen nur, dass Vaals schon im Jahre 1435 eine Pfarrkirche besass.Der damalige Seelsorger wird aber noch angedeutet mit dem »Rector de Voilst«. Die Pfarre erstreckte sich früher weiter aus als jetzt und zwar nach Lemiers hin bis zu dem deutschen Hofe Gastmühle, nach Vaalserquartier hin bis zu den Höfen Terkaulen und Melaten. Im Vaalser Schützenbuch steht verzeichnet, dass die Vaalser Prozession bis Melaten zog, was aus folgendem Auszug hervorgeht: „Zum fuenften sullen die schützen sich vergaederen auff den bruncktag tot Vaels bey den slachbaum an die pastorij, die im Kirspel Vaels wohnhaftig seind jetweder mit sein Rohr umb mit den Heer Pastor und procession aus zu gehen, aber die bussen Kirspel sullen sich auff Melaten und aus heusgen lassen vinden um baldar abgelesen zu werden und das auff ein peen (Strafe) der absenten ein dobbel inlagh und sullen sich regeleren nach des königs will und des schützenmeisters sinn und vergreiffen zich nit zu weit nae ihren nutz und profit. 1639 erstreckte sich nämlich die Pfarrei soweit wie der sogenannte Glockenklang, nach welchem die Umgebung den einzelnen Pfarreien zugewiesen war und so gehörte Vaalserquartier usw. zur Pfarre Vaals. Vaalserquartier kam später
durch die französische Organisation zu Laurensberg und gehört jetzt zur Pfarre St. Jakob in Aachen. Die Vaalser Pfarrer wurden angestellt durch das Kapitel des Marienstiftes zu Aachen. Vaals blieb aber immer als Pfarrei unter
dem Bistum Lüttich bis in die Mitte des 19. Jahrhundert.
„Besucht ist 1658 die Kirche von Vaals, welche steht unter der Anrufung des hl. Paulus. Rector ist Sigesmundus Athenen, im Jahre 1640 angestellt. Collatro (Vergeber) war der Dechant und das Kapitel der Kirche der Jungfrau Maria in Aachen, die auch den grossen und kleinen Zehnt besassen. Der Pfarrer hat davon für sich 12 Mass Roggen, 4 Morgen Land und das Pfarrhaus, anders nichts. Keine Jahrgedächtnisse und Altäre sind gestiftet. Das Hochwürdigste wird bewahrt in einem Schrank in der Nähe des Hochaltares aus Furcht vor den Protestanten. Die Pfarre zählt 360 Kommunikanten und keine Protestanten, sondern diese kommen aus Aachen und aus andern Gegenden dorthin. Der Pfarrer gibt keinen Unterricht weil ihm keine Gelegenheit dazu geboten wird. Gepredigt wird an Sonn- und Festtagen. Er muss seinen Dienst beendet haben im Sommer um halb neun, im Winter um neun Uhr. Dann kommen zwei protestantische Prediger um ihre Predigt zu halten. Der deutsche hält seine Predigt in der Kirche und der französische in einer Scheune in der Nähe. Dies geschieht seitdem die Holländer das Land von Herzogenrade nahmen, wozu Vaals gehörte. Der Küster wird jährlich durch die Gemeinde angestellt und bekommt von jedem einen Schober und zwei Brot. Der Friedhof ist offen, seitdem die Protestanten die Türe, welche der Pfarrer hatte machen lassen, ausgerissen hatten um ihre Wagen und Pferde auf den Kirchhof zu bringen, welche jeden Sonntag sich dort in grosser Menge einfinden. Dass das kirchliche Leben in Vaals trotz der Religionsunruhen in Blüte stand, sehen wir aus den zwei kirchlichen Vereinen aus dieser Zeit. 1601 fand nämlich die Neuaufrichtung der Antonius-Bruderschaft in Vaals statt. Ein anderer ebenso alter Verein war die Schützenbruderschaft. Von dem guten Geist, der diese Gesellschaft belebt hat, sind die weisen Statuten aus dieser Zeit Zeuge: „Noch sullen die schutzen verursacht sein mit den Heiligen um zu gaen oder mit dem Herren pastoir ordentlich gehorsam sein mit hünnen gewehr, als nemblich ieder ein rör und dat op ein peen van ein dubbel einlagh, sall der Herr Pastor und schutzenmeister macht haben die muthwillige flucher, keyver, schleger ungehorsame und die auff den bruncktag auss dem gelitt lauffen er sey kleinhans of groshans zu strafen. Den armen tot Achen int weishaus drey golt gl., der Kirchen ein punt wax und den schutzen ein tön biers, wer dargegen solt frevelen oder unwillig seün den sall man aus das schutzenspeil jagen und seinen nahmen verdiegen jedoch das er zu voren seines übertretens ermahnet werde, wil er dan nithoeren soo sall man mit ihm procederen wie Christus sagt Matey Cap. 18: wer die kierch niet horen en wilt, den sol man halten vor een heyden und puplicau." Dass diese Schützenbruderschaft in den traurigen Zeiten, welche wir angeführt haben, auch an den Rand das Unterganges gekommen war und erneuert werden musste, sehen wir aus folgendem: „Ordinans der bruderschaft des H. Apostel Pauli patron der Kirchen in Vaels. Demnach des H. Pauli unsers patron in Vaels schützenbruderschaft. Durch kreich und ander ungelegenheiten bijna untergegangen, und man nun nyt woll wuste welche brüder in der Bruderschaft oder Schutzenspeill wahren, so hatten einige von den alsten schutzen vor gut gefonden das im Jahr 1602 dies Schutzenspeill widerumbt solt ernewert und in seynen vorigen standt gebracht werden wie dan auch gescheen, aber weilen numehr die schutzen in ein ofte ander sich nit woll verstehen als haben die herren Bürgermeister von Aachen gut gefonden diese ordonans des schutzenspeils widerum zu erneweren im Jahre 1669. Aus diesen Worten sehen wir, wie selbst nach der vollständigen Einverleibung von Vaals bei Holland Aachen sich in Vaalser Angelegenheiten mischte. Von der Liebe zur katholischen Religion und ihrem Opfersinn legten die Vaalser im Jahre 1648 besonderes Zeugnis durch den Neubau des Kirchturmes ab, der heute noch in seiner alten Stärke besteht und seit 1649 in gemeinschaftlichem
Gebrauch mit den Protestanten war. Über diesen Neubau steht in einer Urkunde des Kirchenarchivs von Vaals u.a. folgendes: „Anno 1648 den 16. September hab ich und sempmentliche
nachber unser parochie Vaals den newen Kirchtur verdingt an M. Geradt Croush vor 75 Acher Richtshl. und 7
thunen beirs jeder thon vor 12 gl. ex summa 88 ½ Richsthl. " Ebenfalls werden die weiteren Ausgaben in dieser Urkunde ganz genau aufgezählt. „Am 26. August des Jahres 1662 nachts um 2 Uhr brach ein Sturm los, wie er vor aller Menschen Erinnerung nie dagewesen und kaum je geschehen ist. Viel Schaden richtete er an den Bäumen an, besonders an denen, die keine guten Wurzeln hatten. Ich und mein Küster Martinus Laschet waren in der grössten Gefahr, weil wir zum Schloss Vaalsbruch gehen mussten zu Dionysius de Capell, Diener in Bruch, welcher im Todeskampfe lag, und dem wir in dieser Nacht die hl. Ölung bringen mussten. Wie wir aber zwischen der Kapelle und der Eisch kamen, wären wir umgekommen, wenn uns nicht die Hand Gottes beschützt hätte, da wir oft den süssen Namen Jesu und Maria angerufen und das Evangelium des hl. Johannes »In principio erat verbum« gebeten hatten. Pfarrer von Vaals waren: Unter diesen Pfarrern haben sich eigentlich die Protestanten in Vaals angesiedelt. Haben wir den Einfluss von Holland in dieser Geschichte gesehen, so hängt dieselbe auch eng zusammen mit den protestantischen Unruhen in Aachen. Die
erste Spur des Protestantismus in Aachen findet man in Jahre 1524, als nämlich ein Landstreicher gegen die katholische Kirche zu predigen begann. Derselbe wurde aber auf anderweitige Anzeigen hin schwerer Verbrechen überführt
und als Mörder hingerichtet. Seit dieser Zeit datiert die wälsche Gemeinde in Vaals, die ihre eigene Kirche in der Aachenerstrasse hatte und die in Vaals bekannt ist als „fransche Kirche"; auf der ältesten Karte von Vaals heisst sie »walse Kerk«, wurde 1558 errichtet und hat in der kombinierten wälschen Gemeinde von Aachen, Vaals und Burtscheid bis 1884 fortbestanden. Ein holländischer Geschichtsschreiber sagt: „ Ook waren in den landen van Overmaas nergends zooveel protestanten als te Vaals, welke meestal bij de aankomst van Alva 1567 uit Belgie derwaarts de wijk hadden genomen. Onder hen waren verscheidene fabrikanten en kooplieden". Hieraus ersehen wir, dass Vaals nicht allein von Aachen aus, sondern auch direkt von Belgien aus schon früh als Zufluchtsstätte der Protestanten gedient hat. Nach neuen Unruhen wurde im Jahre 1597 die Acht über Aachen durch
den Kaiser ausgesprochen. Jülicher Truppen vollstreckten dieselbe ohne Blutvergiessen. Mehrere Protestanten wurden geächtet. Aus dieser Zeit datiert die Kirche der Wiedertäufer (Verves) oder Memnoniten, welche in Vaals
ihre Zuflucht genommen hatten. Am 16. Juli 1602 wurden die Wiedertäufer aus Aachen vertrieben, doch wurde nicht strenge gegen dieselben vorgegangen. Die in Aachen Zurückgebliebenen verbanden sich mit den Memnoniten zu Vaals,
wo ihre Versammlungen stattfanden, ebenso wie die Protestanten. 1611 kam das Verbot des Magistrats von Aachen, welches untersagte in den umliegenden Orten den Gottesdienst der Predikanten zu besuchen und die Übertreter des Verbotes
wurden schwer bestraft; man griff zu den Waffen, man eilte aufs Rathaus und verlangte Freilassung der Gefangenen. Bevollmächtigte des Kaisers Mathias versuchten nochmals den Weg der Güte, richteten aber nichts aus. 1614 rückte
General Spinola mit 16000 Mann vor die Stadt, welche sich bald ergab. Ein neu gewählter katholischer Magistrat verordnete, dass kein Predikant sich länger wie drei Tage in Stadt und Reich Aachen aufhalten durfte, 600 Andersgläubige,
die seit 1598 das Bürgerrecht nicht erlangt hatten, wurden ausgewiesen. Die vertriebenen und geflüchteten Tucherzeuger erbauten ihre Fabriken in den umliegenden Ortschaften und viele protestantische Tuchhändler kamen
nach Vaals. Auch hatten die Lutheraner schon früh hier eine Kirche. Zu Vaals soll bereits 1645 eine lutherische Gemeinde bestanden haben, aus der die Aachener lutherische Gemeinde wieder auflebte. Das Taufbecken der lutherischen Gemeinde datiert
von 1687, das erste Schriftstück von 1724 und die gegenwärtige Kirche am von Clermontplein wurde erst 1737 errichtet. Den Lutheranern wurde stark gegengearbeitet. Im Jahre 1683 erhielt jedoch der Drossart zu Vaals von den
Staaten General ein Schreiben, worin ihm mitgeteilt wurde, dass er der Ausübung des lutherischen Gottesdienstes keine Hindernisse in den Weg legen sollte; von da an konnten die Lutheraner freier in Vaals aufatmen. Zu der Zeit bestanden ausser der katholischen Kirche mithin 4 Kirchen der Protestanten und zwar: 1. die Kirche der Deutsch-Reformierten; 2. die »fransche« Kirche (auch ursprünglich »wälsche« Kirche genannt), wo die Französisch-Reformierten aus Aachen ihre Zusammenkünfte abhielten. Dieselben hatten auch hier ihren Predikant wohnen; 3. die lutherische Kirche der Lutheraner von Aachen und Burtscheid, deren Predikant das Pastorat von Vaals bewohnte; 4. die Kirche der Memnoniten oder Wiedertäufer. Die erste dieser Kirchen, die der Deutsch-Reformierten, lag auf einem kleinen Hügel, ein Predikant aus Aachen versah den kirchlichen Dienst. Diese Kirche besteht noch heute, ebenso die lutherische. Von der »franschen«
Kirchengemeinde bestanden im Jahre 1865 noch zwei Familien, die sich mit den Deutsch-Reformierten vereinigt hatten und denselben ihre reichen Einkünfte übertrugen. Die »fransche« Kirche wurde im Jahre 1850 in
ein Wohnhaus umgebaut. Nach den Aufzeichnungen des verstorbenen hochwürdigen Herrn Kaplan Vaessen soll die »wälsche« Kirchengemeinde von Vaals, Aachen und Burtscheid sogar bis Mai 1884 fortbestanden haben. Von
der Kirche der Memnoniten (Verves) besteht noch ein Teil. Der Fabrikant von Clermont hatte darin eine Weberei eingerichtet und der Israelit Gerathwold aus Frankfurt hatte das Türmchen dieser Kirche abgebrochen und zwei andere
gegenüberliegend gebaut. Die Bevölkerung von Vaals bestand im Jahre 1858 aus 110 Reformierten oder Kalvinisten, 4 Lutheraner, 36 Israeliten und 1950 Katholiken. Am 13. November 1713 wurde der Kirchenvorstand von 6 auf 4 Personen zurückgebracht. Petrus Radermacher, der schon vom 1. August 1702 Pfarrer von Vaals war, meldet, dass er den 10. Oktober 1729 von dem Weihbischof Jan Baptist Gillis, der damals in Aachen die hl. Firmung spendete, Einwilligung bekam, die kleine Glocke, die neu gegossen war, zu benedizieren und zu taufen und das im Beisein des hochw. Herrn Heyendal, Abt von Rolduc und des ehrw. Herrn Römer, Direktor des Armenhauses. Am 12. Oktober fand die Feier statt und er taufte die Glocke zu Ehren des hl. Paulus, Patron seiner Kirche und gab ihr den Namen Petrus Antonius. Die Taufe wurde im Beisein von Johannes Klinckhamer, Pastor von Gemmenich, in der Scheune des Pfarrhauses verrichtet, da sie in der Kirche oder auf dem Friedhof nicht stattfinden konnte. Als Pate fungierten Joannes Theodorus Schorenstein aus Aachen und Thomas Creutzen aus Vaals und als Patin Anna Margaretha Schorenstein aus Aachen und Jungfrau Anna Dautzenberg aus Vaals. Greifen wir nur nochmals zurück zur Geschichte des Protestantismus in unserer Gegend, so sehen wir, dass auch 1664 noch nicht die völlige Ruhe wiederhergestellt war. 1. Das Verbannungsdekret der katholischen Geistlichen aus dem Lande; 2. dass jeder, der eine amtliche Stelle bekleidete, ob hoch oder niedrig, der reformierten Kirche angehören musste; 3. dass alle katholischen Beamten, die ihrer Religion nicht entsagen wollten, einfach aus dem Dienste entlassen würden; 4. alle Katholiken wurden gezwungen, ihre Eheschliessungen vor dem Predikanten zu vollziehen, wandte man sich dieserhalb an den katholischen Pfarrer, so musste dieses geheim geschehen; 5. die Schulen mussten protestantisch eingerichtet sein und die Kinder in der reformierten Religion erzogen werden. Von alters her war aber das Amt des Schulmeisters meistens verbunden mit dem des Küsters. Dieser war gleichzeitig Vorsänger und hatte ebenfalls das Glockenläuten zu besorgen. Dieses wurde jedoch anders unter dem Beheer der Staten General. Die Schulmeister mussten der reformierten Religion angehören. Wie aus dem Totenregister der Protestanten ersichtlich ist, sind in Vaals lange Zeit Protestanten Schulmeister gewesen: 1774 starb Daniel Wahle, Vorleser und Schulmeister; 1793 Lambert Alex Wagner, ref. Lehrer; 1798 Joh. Leon. Förster, Schullehrer in Vaals. Die katholischen Lehrer durften keinen Unterricht mehr geben, selbst nicht, wenn sie mit den Kindern ausserhalb des Gebietes der Staten General gingen. Die mehrmalige Übertretung dieser Verordnung wurde mit Verbannung bestraft. Auch durfte kein Unterricht gegeben werden in Privathäusern durch katholische Lehrer. Die reformierten Schulmeister durften keine Herbergen halten und kein politisches Amt bekleiden. Ihre Stelle war ebenfalls verbunden mit dem Amt des Küsters, Vorlesers und Vorsängers. Infolge einer Bestimmung vom 20. Juni 1719 durfte niemand als Küster oder Schulmeister angestellt werden, der nicht 1. das Alter von 25 Jahren erreicht hatte; 2. öffentlich Zeugnis abgelegt hatte von seiner reformierten Religion; 3. ein Attest vom Predikanten vorlegen konnte, worin seine Fähigkeit und gutes Betragen bescheint war. In den Ländern von Overmaas waren nur gewöhnliche Volksschulen. Eine Kirchenvisitation im Jahre 1694 ergab, dass nur in VaaIs, Valkenburg, Heerlen, Beek, Meerssen und Geul das ganze Jahr hindurch Schule gehalten wurde, in allen anderen Gemeinden nur im Winter. Während der französischen Herrschaft
in unserer Gegend von 1672-78 (die niederländische Republik führte nämlich seit 1672 mit Frankreich Krieg) zogen grosse französische Truppenscharen durch unsere Gegend zum Rhein. In dieser Zeit kam Erleichterung
in die allgemeinen Leiden. So lesen wir im Totenregister von Vaals wie am 31. Oktober 1710 Joh. Prompers auf elende Weise ums Leben kam. Der Bericht lautet folgendermassen: „Gestern Abend gegen 10 Uhr drangen 18 Diebe in den Hof von Einrath ein. Um die gefangen zu nehmen waren durch den Statthalter Brul infolge höheren Befehls alle Männer gezwungen, zu erscheinen und fand eine Umzingelung von Einrath statt durch die Bauern aus der Umgebung. Die 13 Soldaten wurden gefangen genommen, jedoch einer der Bauern, namens Prompers, fiel infolge eines Schusses, der seine Schulter durchbohrt hatte. Am 1. November haben die Bauern von Vaals diese französische Bande, worunter sich zwei Deserteure befanden, nach Maastricht gebracht. Am 12., 17. und 20. Januar 1711 wurde die Todesstrafe an denselben durch Erhängen vollzogen. " Von 1741 bis 1748 dauerte der österreichische Erbfolgekrieg. Philipp von Spanien, Frankreich und andere Staaten verbündeten sich gegen Österreich; die Franzosen eroberten die österreichischen Niederlande. Bei dieser Gelegenheit kamen wieder einige Kriegsunruhen vor. Am 3. September kamen etliche tausend Soldaten der alliierten Armee und lagerten sich auf das Seffenter Feld. Sie wollten sämtliche Lebens- und Futtermittel geschafft haben, wo dies aber eine Unmöglichkeit war, da bereits alles von ihren Truppen weggenommen war und die Bauern selbst nichts mehr für ihr eigenes Vieh hatten. Ausserdem fällten sie alle Bäume und verbrannten, plünderten und raubten alles was sie bekommen konnten, denn der Ärger über das Fehlen von Winterquartieren war so gross, dass sie allerlei Schandtaten begingen und mit Gewalt desertierten. Die Offiziere konnten die Soldaten auch nicht mehr im Zaum halten, da deren Sold fehlte, und so mussten die Bauern herhalten und das letzte was sie hatten, ausliefern. Die Zeit der BockreiterMan kann hier drei Perioden unterscheiden; in der ersten Periode von 1734-56 hausten sie hauptsächlich in Herzogenrade und Valkenburg; in der zweiten Periode, von 1762-76 wurden 500 Bockreiter getötet und der Rest auseinandergesprengt.
In der dritten Periode von 1790-98 existierte die Meerssener Bande, die hauptsächlich aus jüdischen Dieben bestand, welche nach 1798 zu Neuwied ihr Unwesen trieben. Wie die Umgebung von Aachen und das Land von Overmaas in dem Krieg von Frankreich gegen Spanien 1666-68 durch die Truppen des Fürstbischofs van Gaelen aus Münster schwer geprüft wurden, ebenso wie in den drei französischen
Raubkriegen, teils von holländischen, teils von französischen Söldlingen und durch Reichsoldaten bis Ende des 17. Jahrhunderts aufs äusserste bedrängt und ausgeraubt wurden, beweisen die im Archiv von Richterich
sich befindenden Aufzeichnungen über Lieferung von Brot, Bier, Fleisch, Hafer, Heu und Stroh zur Genüge. Nach diesen allgemeinen Betrachtungen kommen, wir wieder zurück zur eigentlichen Geschichte. Im Jahre 1678, nach dem Frieden von Nijmegen, verliessen die Franzosen das Land und die vormaligen Zustände kehrten wieder, doch in mehr gemässigter Form. Die Verfolgungssucht und Prosolitenmacherei waren abgeflaut. Dieses hatte vermutlich seinen Grund in der Veränderung der Zeiten und den politischen Zuständen, worin seit 1672 Maastricht und die staatischen Länder von Overmaas verkehrten; man weis, dass die Staaten infolge eines geheimen Abkommens mit dem König van Spanien sich verpflichtet hatten, ihm genanntes Gebiet abzustehen wenn er ihnen Hilfe gegen die Franzosen verlieh. Diese Hilfe kam, aber nachdem der Friede geschlossen war nahmen die Staatischen wieder Besitz von den Ländern und weigerten sich dieselben abzustehen. Diese unsicheren Zustände, worin diese Bezirke sich fortan befanden, trugen unzweifelhaft viel dazu bei, um die Staatischen mehr verträglich zu machen, denn stets mussten sie erwarten, dass die Spanier das Gebiet zurückfordern
würden. Es kamen jedoch die alten Gesetze wieder in Kraft, die geistlichen Güter wurden wieder in Beschlag genommen, die Schulen in protestantische Hände gegeben und das Land durch reformierte Beamte regiert, jedoch
wurden die katholischen Geistlichen fernerhin geduldet. Im Jahre 1772 wurde von einem Grabgewölbe in der lutherischen Kirche berichtet, wo u.a. auch ein Kind des Herrn Trostorff begraben liegt. 1778 wurde in der französischen Kirche Jungfrau a Brassard geb. Delhaes begraben und am 8. Mai 1793 H. Guerin, französischer Prediger. Am 16. Oktober 1730 bestimmten die Kommissare im Auftrage der Staten Generale, dass infolge einer Resolution vom 3. Juli 1715 die Grabstätten innerhalb der Kirchen in den Ländern von Overmaas Eigentum der Kirchen waren, und dass
für jede Leiche, welche darin begraben wurde, ein Dukaten bezahlt werden musste. Diese Bestimmung galt nicht allein für grössere Kirchen des Landes, wo der Predikant wohnte, sondern auch für die kleineren Kirchen,
wie Holset, wo Sonntags wohl gepredigt wurde, jedoch kein Predikant wohnte. In dieser Zeit wurde auch zu Vaals die lutherische Kirche gebaut. Dieselbe wurde ausmöbliert durch die beiden berühmten Architekten von Couven, die
viele stattlichen Gebäude in unserer Gegend errichtet hatten. Die lutherische Gemeinde versammelte sich früher zu Vaals in einem Zimmer ihres Predigers. „Es waren dies Leute aus der Reichsstadt Aachen, der Reichsfreiherrlichkeit Burtscheid und
aus dem holländischen Dorfe Vaals.“ Im Jahre 1751 begannen die Katholiken mit dem Bau einer neuen Kirche. Die alte Kirche wurde abgebrochen, da dieselbe viel zu klein und baufällig war. Gehen wir weiter in der Kirchengeschichte, dann sehen wir, dass laut Resolution der Generale Staten die Pfarrer keine Assistenten haben durften; nur in Krankheitsfällen war es ihnen erlaubt sich von einem in der Nähe wohnenden Priester aushelfen zu lassen. Auch sollte der Staatsrat dafür Sorge tragen, dass die grosse Anzahl Priester und Kapläne, die sich im Lande befanden, merklich vermindert würde. Um dies zu erreichen, sollte fortan an jeder Kirche nicht mehr als ein Kaplan angestellt sein. Auch betreffend der Eheschliessungen wurden nach und nach Bestimmungen getroffen, welche zum Nachteil der Katholiken waren. So durfte z.B. ein Protestant, der zwecks Heirat mit einer katholischen Person zur katholischen Religion übertrat, erst nach Verlauf eines Jahres getraut werden. Solche Massnahmen waren geeignet unter der katholischen Bevölkerung Unwillen hervorzurufen und Zustände zu schaffen, die viele unangenehme Geschehnisse zur Folge hatten. In den unruhigen Zeiten, von denen wir in unserer Abhandlung berichtet haben, können noch zwei Ereignisse von grosser Wichtigkeit hervorgehoben werden, nämlich die Grenzschwierigkeiten, welche mit religiösem Hass gegen den Pfarrer Sigerus a Thenen gepaart gingen und Verbannung des Pfarrers Bosten. Über erstere finden wir in der Chronik nachstehende Aufzeichnung, welche wir hier wortgetreu folgen lassen: „Nachdem zwischen König Philipp in Soanien und den Herren General-Staaten der sogenannten Partage-Tractat wegen der drey Lande über Maas, nämlich Falkenberg, Dalem und Herzogenrode, am 26. December 1661 im Haag zum Stande gekommen und hiebey den letztern aus dem Lande von Herzogenrode unter andern auch das Dorf Vaels war zugetheilet worden, so setzte es mit diesen neue Haendel mit Aachen ab; unter andern ward dem dortigen katholischen Pfarrer eine Staaten-Verordnung zugebracht, und ihm hierinn bey schwerer Strafe anbefohlen, sich vom 1. Tage des nächstfolgenden May-Monates der dasigen katholischen Kirche zu enthalten, und selbige nicht mehr zu betreten; der StadtRath, so sich hiebey getroffen fand, säumte nicht, dem befehlenden Theil am 30. Merz dagegen vorzustellen, dass nicht das ganze Dorf Vaels der Spanischen Krone zugehörig gewesen, sondern ungefähr fünfzig Häuser, zu welchen auch das Pfarrey-Haus samt dem vordern Theil der Kirche bis zur Thür gerechnet werden musste, auf Aachenschem Boden, folglich unter seiner Bothmässigkeit gelegen wäre, wie die ältesten Urkunden solches erweisen, auch man von Spanischer Seite bezeugen würde; so gar wäre zum ganzen Kirchen-Bau das Gehölz aus der Aachenschen Waldung hergegeben worden; die Herren Staaten würden also unterthänig ersucht, das nichtig angelegte Verboth als einen offenbarn Eingriff in des Raths Gerichtsbarkeit aufzuheben, oder bey sich etwa noch ereignendem Anstand ihren Herren Kommissarien, die sie vermuthlich zur Regulirung der Grenzen überschicken würden, aufzutragen, dass diese des Raths Beweise vernehmen, und alles nach Recht und Billigkeit vollenden sollten; es fand aber solcher Vortrag kein Gehör, im Gegentheil ward am 5. May das Schloss von der Kirchthür abgebrochen, und so verändert, dass des Küster selbiges mit seinem Schlüssel nicht mehr öffnen konnte; noch oben drauf machte man ihm das Kompliment, seine Wohnung zu räumen und am erstgefolgten Sonntage ward den Katholischen die begehrte Öffnung ihres Gotteshauses geweigert; wesfalls sich der Rath in einem Schreiben vom 8. selbigen Monates bei den Herren Staaten abermal, obwohl fruchtlos, beschwerte. Endlich ging es gar soweit, dass die holländischen Beamte den Altar abbrechen, und selbigen samt dem übrigen Kirchen-Geräthe wegnehmen liessen; auch hierüber klagte der Rath am 1. Junius im Haag ohne mindester Wirkung. Vermuthlich wollte solches eine Wiedervergeltung heissen, dass jenem zufolg Schlusses vom 9. September 1614 so wohl als auch noch ferner zur Handhabung seiner im Jahre 1650 erlassenen Verordnung, dass überhaupt alle Protestanten in Zeit von fünf Jahren mit Sack und Pack abziehen sollten beym Anfang des Jahres 1661 zween reformirten Predigern, die sich eine Zeittang unter dem Titel der Gastfreyheit in Aachen aufgehalten hatten, das Thor zu weisen gefällig gewesen war; worüber dann die Herren Staaten sich in einem Schreiben so bedrohlich ausdruckten, dass der Rath am 26. Hornung die Kaiserliche und am 16. Merz die KöniglichFranzösische Hülfe anflehte, auch die Kur- und Fürsten zu Köln, Mainz, Trier und Pfalz-Neuburg bath, jenen ihr Unrecht vorzustellen und zu erinnern, dass sie die Stadt der in den ReichsVerfassungen ihr zugemessenen Gerechtsamen als einen Reichsstand friedlich geniessen lassen wollten; wobey es dann auch sein Verbleiben hatte. Nun trafen die obgedachten Herren Kommissarien am 12. Junius zu Mastricht ein; zur Stund fertigte der Rath einen Ausschuss dorthin ab, und dann schritt man zu den Konferenzen; erstere forderten jene 200 Rhein. Gulden, so die Stadt dem Hause Burgund zufolg Konkordaten jährlich abzutragen pflegte; der Ausschuss berichtete solches an den Rath, und dieser erklärte sich am 19. hierzu erbötig, doch mit dem Bedinge; dass die Herren Staaten ihm desfalls für allen Anspruch von Seiten des höchstgesagten Hauses Bürge seyn sollten, schickte auch die Beweise von seiner Zoll-Freyheit in den vorerwähnten dreyen Länden, und bath hiebey gehandhabet zu werden; alles aber war umsonst, nur von Vaels liess sich noch was weniges reden; und da der schwächere Theil sich gemeiniglich zu einer auch noch so weh thue den Grossmuth anschicken muss, so wurde die Sache dahin verglichen, dass der Rath von seiner dasigen Forderung abstehen, dagegen ihm das Pfarrhaus mit allen hierzu gehörigen Einkünften und Gefällen frey und vollständig verbleiben sollte; und also ergieng es der guten Stadt Aachen auf dieser Seite fast eben so, wie man es mit ihr auf der Limburgischen im Jahr 1439 gemacht hatte." Nachstehend lassen wir weiter die Geschehnisse folgen, die sich unter dem hochwürdigen Herrn Pfarrer Bosten zugetragen haben sowie seine Verbannung. 1. Musste die Kirche von Vaals geschlossen bleiben bis Kunigunda Mommers wieder im Gefängnis wäre; inzwischen durfte der Pastor und Kaplan keine kirchliche Handlung vornehmen und religiöse Übung halten; 2. musste der Leutnant-Drossard und die Mitglieder der Bank alle Mühe anwenden, um die Mitschuldigen, auch die nicht auf statischem Gebiete wohnten, aufzufinden und siedurch das Gericht ohne Rücksicht zu verurteilen; 3. musste gesorgt werden, dass die Protestanten in ihren kirchlichen Übungen nicht mehr gehindert würden; 4. musste der Herzog von Braunschweig als Abgeordneter des Prinzen von Oranje, den Gouverneur von Maastricht und General Aylva beauftragen, eine Abteilung von 60 Mann Fusstruppen und 24 Reitern mit ihren Offizieren, gut bewaffnet und mit Kriegsmitteln versehen, unverzüglich nach Vaals zu senden. Am 25. und 26. Juni meldete der Leutnant-Drossard an die Generale Staten, dass ihr Befehl schon ausgeführt wäre; dass eine Abteilung Soldaten unter der Frühmesse zu Vaals angekommen wäre und dass dieselben sofort die
Kirche umzingelt hätten, doch dass keine der als mitschuldig Verdächtigen anwesend waren, dass er nach Beendigung des Gottesdienstes dem Kaplan befohlen hätte, alle Messgewänder und kirchliches Zubehör in der
Sakristei wegzuschliessen und ihm den Schlüssel davon auszuhändigen, da dieser Ort sowie auch das Glockenhaus sehr bequem gebraucht werden konnten zur Aufbewahrung der Gefangenen und ihrer Wächter; endlich, dass er den
Küster im Turm hätte einschliessen lassen in Abwartung der Beweise seiner Nicht- oder Mitschuldigkeit an den verübten Gewalttaten. Am 15. und 17. Januar wurden wiederum einige Protestanten, die von Vaals zurückkehrten, auf dem Wege durch einige Bauern aus der Gegend und Bürgern aus Aachen angefallen. Einer derselben wurde so misshandelt, dass er einige Tage
später an den Verletzungen starb. |
Die wirtschaftliche Blütezeit von VaalsDie hiesige Bevölkerung blieb trotz aller Drangsale, trotz aller Bekehrungsversuche dem alten Glauben treu, wie wir in der Beschreibung der Kirchengeschichte gesehen haben. Vaals ist aber auch der Aufenthalt geschichtlich berühmter Persönlichkeiten gewesen, u.a. wurde Vaals besucht von Maria de Medici und der Kaiserin Josephine. Aber besonders bedeutungsvoll für die wirtschaftliche Entwicklung war am Anfang des 18. Jahrhunderts die Aachener Patrizier-familie von Clermondt, deren Geschichte für lange Zeit sozusagen die Geschichte von Vaals war. Diese Geschichte kennzeichnet das geistige und gesellschaftliche Leben eines Zeitalters, welches man das aristokratische nennt und in den Sälen von Vaalsbruch und Blumenthal üppige Blüten trieb. Der Verfasser der Familiennachrichten sagt, dass die Familie von Clermont wahrscheinlich holländischen Ursprunges ist. Sie habe bei der Verfolgung des Herzogs Alba ihr Vaterland verlassen und sich im Herzogtum Jülich niedergelassen.
Die Nachrichten der Familie reichen nicht weiter wie bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts. Für unsere Gegend ist Johann Adam Clermont als Herr von Neuerburg bei Gulpen von Bedeutung. Dieser Johann Adam hatte in Aachen eine Tuch-
und Nadelfabrik. Von dem Ertrage dieser Fabriken kaufte er sich das Schloss Neuerbourg, das aber nach seinem Tode wieder verkauft wurde. Peter der Grosse bewohnte dort ein kleines Hinterzimmer mit einem Wandbette. Kehren wir jetzt wieder zurück zur Geschichte der Familie von Clermont um uns eingehender zu beschäftigen mit dem Sohn des Esaias von Clermont, nämlich Johann Arnold von Clermont. Derselbe war geboren am 24. Mai 1728 in
der Reichsstadt Aachen als der älteste Sohn des dortigen Fabrik- und Handelsherrn Esaias von Clermont und der Frau Helene Margarethe geb. von Huyssen aus Essen. In letzterer Stadt verlebte er einen Teil seiner Jugendjahre bei
seiner Grossmutter der verwitweten Bürgermeisterin von Huyssen und besuchte daselbst die lateinische Schule bis er seine Lehrjahre im Handelsstande, dem er sich widmete, antreten konnte. Diese brachte er in der Reichs- und Hansestadt
Hamburg zu, wo er nach den an diesen Orten üblichen Sitten sich mancher niedriger Verrichtung und knechtlicher Behandlung ausgesetzt sah. Er ging dann auch sehr bald von Hamburg nach Leipzig und suchte an diesem in jeder Wissenschaft
so ausgezeichneten Orte nicht nur im Handelsfache, sondern auch in andern Teilen der Wissenschaften durch Besuch akademischer Hörsäle und Kollegien seine Kenntnisse immer mehr zu erweitern. „Clermont alhier aus nacher Vaals ein Stund von der Stat aufm Hollandischen gezogen mit sambt seine Fabrik, das unser Stat viel Schaden brengt und viele Meistern nemlich Weber, Schörer, Spinner und desgleichen müssig gehen, welche sonst vor ihm gearbeitet haben, und das lässt Magistrat also geschehen. Auf andere Stätten gehets so nicht; wan einer ausweicht auf ein ander Teritori, so muss er den Zehnder Theil aller Güter zurücklassen, oder wie man sagt der Zehnder Pfenning und man last die Lutherische und Calvinische manigmal mehr zu als Catholische, das sehr schlecht ist. Hier hat man dasselbe Recht, was in andere Orten ist. Das sol zu Frankfort oder in ein lutherisch oder calvinisch Orth geschehen, man sollte mit solche Leuth andere Mittel brauchen, er wehr Lutherisch oder Catholisch usw. Und wan Bortscheid und Vaals so fortfahren wie es angefangen, so ist Aachen nichts mehr zu achten was Handel und Gewerb angehet. Doch ich kann anders nit denken, als es sind Strafee von Gott undder kann sie auch wieder abhelfen, sonts Niemandt". Da nun eine solche Veränderung des Ortes und der Lage notwendig auch eine Veränderung in der Führung seiner bisherigen Geschäfte bei der mütterlichen Handlung zu Folge hatte, so traf er mit seiner Mutter eine neue
Übereinkunft darüber, nach welcher sein bisheriges Gesellschaftsverhältnis mit der selben wieder aufgehoben wurde, wogegen er nunmehr eine eigene Tuchfabrik in Vaals errichtete und sich mit der Mutter über die Grenzen
der beiderseitigen Handlungshäuser und über die Länder; wohin ein jeder ausschliesslich handeln könne, verstand. Die in Vaals angelegte Tuchmanufaktur aber war und blieb sein alleiniges Werk und wurde auf seine
Privat-Rechnung zustande gebracht und da sich die mütterliche Handlung während seiner Oberaufsicht durch seine grosse Klugheit, Einsicht und Ordnung sehr hervorgetan hatte und sich auf einem sehr blühenden Fusse befand,
so konnte es nicht fehlen, dass die Arbeiten und Beschäftigungen, die diese ausgebreitete Tuchhandlung seiner neuen Manufaktur und Färberei-Anstalt ausschliesslich verfolgten, dieselbe sehr bald empor hoben und ihr einen
Grad von Solidität erwarben, die dem in die Zukunft hineinblickenden Unternehmer und Eigentümer bei allen Kennern zur wahren Ehre und zur Befestigung und zum Wachstum seines Vermögens gereichten. Überhaupt trug
auch die mit jedem Jahre wachsende Zahl seiner Kinder, seine Haushaltung, die immer grössere Erweiterung seiner Anlagen, die Vermehrung und Verbesserung seiner Grundbesitzungen in hiesiger Gegend dazu bei, von diesem Zeitpunkt
an seinen Ruf zu befestigen und ihn zu einem ausgezeichnet glücklichen Mann zu machen. Er wurde der Angesehenste in seinem Kreise; weshalb er auch die ihm von der Landes-Obrigkeit angebotene Polizeiaufsicht über dieselben
als Vize-Schultheiss der Banken von Vaals, Holset und Vylen übernahm und solche viele Jahre zur vollen Zufriedenheit seiner Mitbürger geführt hat. Als die Franzosen das erste Mal im Jahre 1792 in Deutschland vordrangen, hatte ihr Verfahren bereits einen eigenen von ihren bisherigen Grundsätzen der Kriegsführung abweichenden Karakter. Es schien aber dem einsichtvolleren
Teil der Bevölkerung noch nicht so gefährlich zu sein, dass sie sich dem drohenden Unheil durch die Flucht entzogen. Als aber bald darauf in Frankreich die Republik proklamiert wurde, der König hingerichtet, die Gleichheit
aller Stände verkündet und die Herrschaft des schrecklichen Robespierre und seiner Gesellen begann, dem wohlhabenden Teil der Bürger eben ihres Vermögens wegen der Prozess gemacht und die Guillotine in Tätigkeit
gesetzt wurde, da wurde jedem bange vor der Zukunft. Wem es daher irgend möglich war, der suchte sich und das Seinige vor dem Waffen in der Hand vordringenden Revolutionsaposteln zu retten. Dass Auftritte dieser Art der Gesundheit eines gefühlvollen Mannes, der sich schon dem Greisenalter näherte, nachteilig werden mussten, ist leicht zu verstehen. Da der durch die Wahrnehmung des ihm übertragenen Amtes pflichtmässig
stets ununterbrochene Aufenthalt zu Aachen eine gänzliche Änderung in seiner bisher gewohnten Lebensweise brachte, so wurde seine Gesundheit zusehends untergraben. Er leitete es daher nach dem Wunsche seiner Kinder ein, dass
er im Frühjahr 1795 von dieser beschwerlichen Stelle entbunden wurde und dagegen die blosse Spezial-Administration des Distrikts, worin sein Wohnhaus und seine meisten Besitzungen gelegen waren, übernahm. Er suchte nun bei
dieser Verminderung seiner öffentlichen Geschäfte so gut als möglich in seine vorige Lebensordnung zurück zu kommen, und weil sich der Schauplatz des Krieges aus der Gegend immer weiter entfernte und selbst sogar
solide Aussichten zur baldigen Herstellung der öffentlichen Ruhe sich zeigten, so kam er auch bald wieder auf seine Lieblings-Entwürfe und Beschäftigungen zurück und liess vorzüglich den Bau und die innere
Einrichtung seines neuen Wohnhauses Blumenthal eifrigst betreiben. |
Bei all seinen Anlagen war eine seiner Hauptbestrebungen für seine Grundbesitzungen, überall hinreichendes Quellwasser zu haben, weil er das Wasser mit Recht als das Hauptelement des industriellen Reichtums und Wohlstandes ansah.
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Kurzer Nachtrag zu: Wege in Vaals und Umgebung bis 1824Das hundertjährige Bestehen der Maastrichterlaan in diesem Jahre gibt uns eine Gelegenheit, einige sehr interessante Ergänzungen beizufügen im Anschluss an die Geschichte der Wegennetze, die wir in der Geschichte von Vaals in einer früheren Beschreibung gegeben haben. Drei grosse Wege kommen in Betracht bei der Geschichte der Maastrichterlaan, nämlich die Wege, worauf der Verkehr von Maastricht stattgefunden hat vor 1824. 1. Die älteste Strasse ist die alte Heerstrasse. Ein Sprichwort, das oft in unserer Gegend gebraucht wird, besonders in Maastricht und Valkenburg, erwähnt diesen Weg als den ältesten, der besteht. Wenn man sagen will, dass etwas sehr alt ist, dass es aus aller Erinnerung entflohen ist, so sagt man, dass es so alt ist, wie der Weg von Aachen. Dieser Weg nimmt seinen Anfang in Maastricht an der alten Maasbrücke. Diese Stelle
wird auch heute noch in Maastricht »de Akerpoort« genannt. In Wijck fand man am Rande dieses Weges das Namenschild des Hospitzes von St. Gilles. Im Sommer des Jahres 1878, beim Anlegen der Kanäle in Maastricht,
fand man auch das alte Bett des Weges, welches deutlich auf einen römischen Ursprung hinwies. Dieser Weg war von Maastricht bis Aachen überall von gleicher Breite (40 Fuss), was ganz mit den Vorschriften von Brabant in 1368
übereinstimmte. Dieser Weg hiess bei Aachen Königstrasse. Die Geschichte dieses Weges nimmt ihren Anfang mit der Grösse und Blütezeit Aachens. Wir wollen uns hier nur beschäftigen mit den Ereignissen, welche
auf diesem Wege stattgefunden haben. Seitdem Kaiser Karl der Grosse den Hauptsitz seines Reiches in Aachen gegründet hatte, wurde diese Stadt Zeuge der grossen Taten dieses Fürsten. Tatsächlich hat Papst Leo III. diesen
Weg eingeschlagen, als er im Mai des Jahres 804 von Aachen wegging um die Kirche von Tongeren einzuweihen. Die Geschichte des St. Gerlach lautet wie folgt: Ungefähr um das Jahr 1150 ward zu Jülich von dem Grafen Gerard III. ein grosses Renn-Spiel gehalten, wobei sich auch der edele Gerlach von Falkenburg einfand. Als ihm auf dem Rennplatze,
da er eben sein Pferd anspannen wollte, die Nachricht zuging, dass seine Gemahlin plötzlich gestorben sei, warf er seine Lanze, Sturmhaube, Schild, Panzer und alles übrige Ritterzeug von sich, stieg auf einen Esel, ritt nach
Hause zurück, entsagte allem Weltreichtum, aller Eitelkeit, legte ein härendes Busskleidan, nahm seine Wohnung in einem hohlen Eichbaum und führte bis zu seinem Tode ein überaus strenges Leben; unter anderen Gewohnheiten
war ihm auch diese eigen, dass er an allen Samstagen der Himmelskönigin in der Krönungskirche zu Aachen einen Besuch abstattete und ihrem Söhne sein Gebet zum Opfer brachte; ja es war dieser andächtige Gebrauch
bei ihm so tief eingewurzelt, dass er sich, als er wegen Alter und Kraftlosigkeit den Weg nicht mehr zu Fuss machen konnte, von seinem Esel dorthin tragen liess. An jenem Ort, wo der gesagte Eichbaum gestanden, ist später ein
adeliges Nonnenkloster des Norbertiner-Ordens, zu St. Gerlach genannt, bei Valkenburg gebaut worden. 1226 wurde vorgenannter Weg schon benutzt durch die Patres der »Biddende Orde«, welche in Vylen, Holset und Vaals von
Maastricht aus predigen kamen und in diesen Ortschaften das Recht zu terminieren besassen. Hier auf dem alten Wege zogen die spanischen Truppen gegen die holländischen Freibeuter. Im Monat September des Jahres 1568 kam über
diese alte Heerstrasse der Prinz von Oranje »Willem de Zwijger«, der dem Könige Philipp Il. von Spanien Widerstand leistete. Nachdem »Willem de Zwijger« aus Aachen abgezogen war, bemeisterte er sich des
Schlosses Wittern und verwüstete mit seiner Armee auf schändliche Weise die Kirchen und Häuser der Umgegend. Auf diesem Weg zog Karl V. mit herrlichem Gepränge nach Aachen zur Krönung. Der Kaiser brachte auf
seiner Reise nach Aachen die Nacht vom 24. zum 25. Oktober 1520 zu bei dem Grafen Floris de Pallant im Schlosse Wittern. Der Kaiser mit seinem Gefolge wurde durch die verschiedenen Kurfürsten und Bischöfe abgeholt auf einem
Hügel, ungefähr eine halbe Stunde von Aachen. 2. Ein anderer Weg, der früher, besonders vor dem 17. Jahrhundert, dem Verkehr zwischen Maastricht und Aachen diente, der nach der Heerstrasse wohl der bedeutendste Weg unserer Gegend war, war die Strasse über Vylen-Einrade-Holset-Vaalsbruch-Vaals. Davon steht aber 1661 geschrieben, dass sie unbrauchbar war. 3. Der dritte für den Verkehr zwischen Aachen und Maastricht sehr bedeutende Weg war „de Aker Weg«, der von »Den Boom« in Vylen schnurgerade über Harlis, den Nondsberg ging und ausmündete in die alte Gerichtsstrasse in Vaals (jetzt Akenerstraat genannt). Dieser Weg teilte sich vor Blumenthal (damals »laatste stuiver« genannt) in zwei Teile um hinter St. Adelbert wieder zusammen zu kommen. Ein Zweig ist jetzt die Blumenthalstrasse und über den andern Zweig wurde teilweise die Maastrichterlaan . gelegt, wodurch wir uns jetzt vorstellen können, dass das alte Hotel »Blumenthal« (Pleij) so tief liegt. Diesen drei Wegen wurde durch die Maastrichterlaan 1824 der Verkehr entnommen und so wurde auch weiter das alte Vaals mehr und mehr der Maastrichterlaan entlang in ein neues Vaals umgewandelt, mit seinem schönen Entree und Wilhelminaplatz. Die Verbindung mit Lemiers geschah früher über den »Meulenweg«, der durch die Maastrichterlaan auch verfiel. Hieraus sieht man die grosse Bedeutung, welche die Maastrichterlaan für Vaals hat. Bis 1824 lag Vaals nicht an der grossen Verkehrsstrasse und war so immer in seiner Entwicklung gehemmt. Durch das Anlegen der Maastrichterlaan hat es sich emporschwingen können zu einer der schönsten Ortschaften unserer Provinz. |
Vaals in und nach der französischen Revolution1794: Die Franzosen erobern die österreichischen Niederlande und das linke Rheinufer. 1794: Im Winter rückt Pichegru in Holland ein; der Erbstatthalter flieht nach England; Holland wird Batavische Republik (1795-1806). 1795 wurden Generalitätslande Herzogenrath usw. französisch. Am 26. April 1792 erklärten die Franzosen den Krieg an Österreich und am 1. Februar an den Statthalter der vereinigten Provinzen und an den König von England. Von dieser Zeit an datieren die Einfälle der Franzosen in unserer Provinz. Infolge der Schlacht von Aldenhoven verliessen die Franzosen unsere Gegend. Als die Franzosen 1794 nach der Schlacht von Fleürus Belgien wieder erobert,. Aachen und Maastricht eingenommen hatten, bescherten sie das eroberte Gebiet mit dem ganzen System von politischen Neuerungen der Revolution. Das Lehnwesen, in Frankreich durch das Gesetz vom 4. August 1789 aufgehoben, wurde auch hier abgeschafft durch die Proklamierung des Gesetzes. An Stelle der Bank Holset-Vaals-Vylen trat die Gemeinde, welche die alten Grenzen behielt. Das Gericht wurde nun das einzige Verwaltungsorgan der Gemeinschaft. Schultheiss u. Schöffen erschienen als Rat der Gemeinde und führten ein neues Siegel ein: die Göttin der Freiheit, nach rechts gewandt, stützend mit der rechten Hand auf einem Bündel Beilen und in der linken Hand einen Stab haltend mit der Freiheitsmütze; Umschrift: »Municipälite de Holset, Vaals et Vylen«. Am 27. November 1794 pflanzten die konstituierten Autoritäten von Vaals, Holset und Vylen nachmittags um 3 Uhr feierlich den Freiheitsbaum, wonach Ball und Souper stattfand. Dass die Franzosen gerade nicht freundlich waren bei ihrem Vordringen in unserer Gegend ersieht man hieraus, dass die früheren Pächter der Gastmühle sich nachts gegen einen Überfall wehren mussten, wo sie mit glühenden
Kohlen die Angreifer bewarfen und dieselben so vertrieben. Der grösste Teil von Limburg, besonders das Arrondissement Maastricht stand bis jetzt noch immer unter der Zentralverwaltung von Aachen. Hierin kam eine Veränderung am 8. November 1795, nämlich, dass die Arrondissementsadministration
der Zentralverwaltung von Aachen entzogen und unter die von Brüssel kam. Das Departement der Niedermaas wurde durch die Zentralverwaltung in Maastricht am 9. Januar 1796 in Kantons eingeteilt. Was die gegenwärtige Provinz
Limburg angeht, wurde diese in 14 Kantons eingeteilt, der fünfte war Wittem als Hauptort; er umfasste: Wittem, Vaals, Gulpen, Margraten, Slenaken, Wylre, Cartils, Eijs, Wahlwiller, Mechelen, Epen, Holset und Vylen. Was Orsbach
und Horbach anging, so gehörten diese vor dem 9. Januar 1796 zum Kanton Herzogenrade, aber nach 1796 wurden dieselben vom Departement Niedermaas abgeschieden und kamen nicht mehr auf der Kantonverteilung von 1796 beim Kanton Herzogenrade
vor, der aus Simpelveld, Bocholtz, Kerkrade, Merkstein, Alsdorp, Roerdorp, Wels, Limburg, Übach und Übach over Worms zusammengestellt war. Einige Jahre gingen vorüber, ohne dass eine neue Einteilung des Departements
der Niedermaas vorgenommen wurde. 1799 übte Napoleon als erster Konsul alsbald seinen Einfluss auf die Regierung und Organisation der Republik aus. Er brachte mehr Einheit und Einfachheit in die vielköpfige Verwaltung. II. Roerdepartement. III. Departement der Ourthe. Diese zwei Departemente haben Beziehung auf die Geschichte des vorigen Jahrhunderts von Vaals wegen einiger kleinen Gebiete, welche die damalige Gemeinde Vaals von der jetzigen Gemeinde unterscheiden. 1802 und noch beim Anfang der französischen
Herrschaft wurde diese Gemeinde gebildet aus den vormaligen auf sich selbst stehenden Dörfern HoIset, Vaals und Vylen. Durch Artikel 18 des Grenztraktats mit Preussen vom 26. Juni 1816 wurde der Teil der preussischen Gemeinde
Laurensberg, der bei dem Roerdepartement eingeteilt war, zu dieser Gemeinde gefügt. „In den Dörfern", so schreibt er „treiben sich Leute umher, angehaucht von dem verpestenden Atem der Sklaverei, welche die leichtgläubigen Bewohner zu überzeugen suchen, dass das durch unsere wunderbare Tapferkeit eroberte Gebiet wiederum durch seine stolzen Herrscher regiert würde; ja, sie behaupten, dass die Fürsten, jene Schatten einer traumhaften Obergewalt, alle Bürger schadlos halten werden! Die unverschämten Lügner fingieren Mitleid, welches sie nur für sich selber haben, fragen von den Einfältigen eine genaue Angabe ihrer Verluste und versprechen mit der Treulosigkeit, welche die Sklaverei kennzeichnet, Schadenersatz. Sie versprechen, aber geben können Sie nichts, die treulosen Betrüger! Sie reden nur so; um das Volk, welches wir unter unsern Schutz genommen, zu entmutigen und das schändliche Komplott der Engländer oder des schwächlichen Tyrannen zu Wien zu stärken. Jedoch sie werden enttäuscht, jene Monstren, die Freiheit hat Argusaugen. Suchet nach in den Dörfern, verhaftet die Vagabunden, welche die Bauern verführen um das Glück zurückschreiten zu lassen; kerkert die Abgesandten des Lasters ein, klagt sie an beim Gerichte. Sein Urteil wird Ruhe und Vertrauen wieder aufleben lassen, und von der Maas bis zum Rhein wird man nur Brüdern der Franzosen begegnen." |
Innere VerwaltungDie »National Konvention« zu Paris hatte am 31. August 1795 infolge der Verfassung vom 22. August die Angliederung der südlichen Niederlande und des angrenzenden Gebietes an Frankreich und die Einteilung derselben in Departements
beschlossen. Das Departement der Niedermaas wurde in 13 Kantons eingeteilt und der Kanton Wittem, oder Friedensgericht Gulpen, umfasste 11 Gemeinden. In den Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern sollte an der Spitze der Verwaltung
ein »agent municipal« und sein »adjoint« stehen. In der Bevölkerungsliste 1807 von Vaals wird ausdrücklich der adjoint genannt, nämlich Jean Henri Fellinger, geboren zu Aachen, am 27. November
1794 tritt als Maire namens der municipalite auf J. M. Fellinger und als juge de paix, Friedensrichter, Henri de Clermont. Art. 12 bestimmte, dass in den Gemeinden mit weniger als 2500 Einwohnern an die Stelle des agent und des adjoint ein maire und ein »adjoint du maire« treten sollte. Art. 13 bestimmte, dass letzterer sämtliche Funktionen des agents und seines adjoint übernehmen und ebenso alles was die Polizei und den Zivilstand betrifft, welches bisher der » municipalite du canton« oblag. Art. 15 verlangte, dass in den genannten Gemeinden ein Gemeinderat gewählt werden sollte, der aus zehn Mitgliedern besteht. Das französische Gesetz vom 20. September 1792 betreffend die Zivilstandssachen wurde in Belgien am 17. Juli 1796 publiziert und am 12. Juli zu Maastricht registriert. Kraft dieses Gesetzes musste der » officier public« alle alten, neuen und noch laufenden Register aus Kirchen, Pfarrhäusern und anderen Kultusstätten sich innerhalb 8 Tagen zustellen lassen und aufbewahren in der »salle publique«. Die laufenden Register wurden geschlossen und von dem Vorsitzenden der Gemeindeverwaltung eingefordert. So befinden sich noch jetzt auf dem Gemeindehause in Vaals die kirchlichen Tauf-, Trau- und Totenregister. Laut Verfügung des Präfekten vom 31. Mai mussten sämtliche Register und Akten des Gerichts zur Präfektur nach
Maastricht gebracht werden. |
Autoritäten in der französischen Revolution:J. M. Fellinger (Bürgermeister), Schöffenliste:Auf dieser Liste kommen schon vor der französischen Revolution die Namen derjenigen Personen vor, die wir während der französischen Revolution als Autoritäten und Fabrikanten auftreten sehen: |
Die GemeindekarteDie Franzosen hatten auch eine neue Gemeindekarte angefertigt, bei welcher ganz genau die Grösse der Oberfläche gemessen war, welche Bäche, Gräben und Wege inbegriffen 2272 Hektar, 68 Ar und 64 Centiar gross war. Diese
Karte war hergestellt den 25 Floreal im Jahre XI der Republik und unterzeichnet durch Caverne, Ingenieur des Departements der Niedermaas und Blasius, Geometer. A. Dorf Vaals mit einigen Häusern in der Gemeinde Berg, B. Weiler Lemiers, teils abhängig von Vaals, C. Weiler Holset, D. Weiler Raeren, E. Weiler Wolfhaag, F. Weiler Hof, gelegen an dem grossen Weg von Vaals nach Maastricht, d.i. Einrade, G.H. Dorf Berge und Villers, I. Weiler Mamelis, K. Weiler Rott, L. Weiler Camerig, M. Weiler Cotthausen. Aus F. ersehen wir, dass in der französischen Zeit die im 17. Jahrhundert unbrauchbare aber sehr alte Strasse von Vaals über Vaalsbruch, Einrade, Vylen die grosse Verbindung zwischen Maastricht und Vaals war und nicht mehr der Akerweg über Vylen-Harlis-Blumenthal. Vaals in und nach der französischen Revolution. Die Bevölkerungsliste.Im Jahre 1807 haben auch die Franzosen eine Bevölkerungsliste ausgegeben, worin die Gemeinde Vaals 394 Häuser mit 2500 Einwohnern zählte, die wie folgt verteilt waren: Ort — Häuser — Personen.1. Vaals — 127 — 1154 Die damaligen Vaalser Einwohner übten folgende Gewerbe aus: 10 Landwirte, 67 Weber, 70 Tuchscherer, 10 Tuchhändler, 9 Spinnerinnen, 1 Spinner, 10 Bäcker, 4 Metzger, 6 Schneider, 3 Näherinnen, 7 Schuhmacher, 7 Schreiner, 2 Küfer, 4 Zimmerleute, 3 Schlosser, 3 Hufschmiede, 1 Kesselmacher, 1 Oberscherer (M. Hoffman), 2 Materialwarenhändler, 1 Brauer (Heinrich Dautzenberg), 3 Restaurateure, 1 Tuchmacher (N. Knepper), 1 Doktor und 1 Empfänger. Die Industriellen aus Vaals und andere damals in Vaals wohnhafte ansehnliche Familien sind in dieser Bevölkerungsliste angegeben, welche wir hier anführen werden: Da wir später noch Verschiedenes über das Fabrikswesen in Vaals bringen werden, wollen wir uns vorläufig begnügen mit der nachfolgenden Beschreibung des Industriewesens, durch die Franzosen selbst aufgezeichnet: „Das Departement der Niedermaas besitzt Lakenfabriken, Bettuchfabriken, Stecknadelfabriken, Fabriken für Sammetbänder, Schreibfederfabriken, Löhereien, Schnaps-, Seife-, Chichorie-. Tabak- und Kantefabriken, Salzsiedereien und zwei kleine Papiermühlen. Die berühmtesten sind die Laken- und Nadelfabriken, eingerichtet zu Vaals. Dieser Flecken besteht erst seit 40 Jahren. Es ist eine Schöpfung von Herrn Clermont, da er die erste Lakenfabrik erbaute, heute Besitzung seiner Kinder, welche sie leiten. Die Lakenfabriken von Vaals sind berühmt. Sie gebrauchen nur spanische Wolle, die Wolle des Landes dient nur für Streu. Man macht da jährlich 99000 Meter Laken, welches für 15 bis 40 Franken das Meter verkauft wird. Die Qualität dieser Laken steht derer, die in den anderen Departementen verfertigt werden, nicht nach. Sie werden ausgeführt nach Preussen, Russland, Polen, Portugal und nach den Ländern der Levante. Diese Fabrik beschäftigt heute ungefähr 2300 Arbeiter. Die Nadelfabrik ist erbaut und wird geleitet von Jr. Trostdorff. Man verfertigt daselbst jährlich ca. 50 Millionen Nadeln, die im Kleinen in Frankreich verkauft werden, aber auch nach dem übrigen Ausland gehen. Sie beschäftigt 300 Arbeiter. " Die Schlacht bei Leipzig machte der Franzosenherrschaft ein Ende. Noch bevor die Truppen der verbündeten Mächte den Rhein überschritten wurde im Vertrag zu Basel am 12. Januar 1814 vereinbart, dass die Länder auf dem
linken Rheinufer dem Zentral-Departement zu Leipzig unterworfen sein sollen, unter der Verwaltung der von diesem Departement ernannten General-Gouverneuren. Die Folge davon war eine neue gerichtlich territortiale Einteilung unserer Gemeinde. Ober-Revisionshof zu Koblenz. Obergerichtshof Lüttich. I. Departement der Maas und Ourthe. Arrondissement Malmedy Kanton Aubel. Hierunter ressortierte ein Teil von Gemmenich, der später zu Vaals kam und ein Teil von Sippenaeken, der später zu Wittem kam. II. Departement der Roer. Arrondissement Aachen. Kanton Burtscheid. Gülpen (mit Vaals) und Herzogenrath. Vom 18. August 1814 bis 12. Mai 1815 standen unter dem Gouvernement des Nieder- und Mittelrheines: Ein Teil von Gemmenich, der jetzt zu Vaals gehört; ein Teil von Sippenaeken, der jetzt zu Wittem gehört; ein Teil von Laurensberg, der später zu Vaals kam und Vaals (noch ohne den Teil von Gemmenich und Aachen). Am 16. März 1815 wurden die S. V. der vereinigten Niederlande Königreich. Mit Nord-Niederland wurde ausser Belgien auch das frühere Bistum Lüttich vereinigt. Als Vergütung für den Verlust der Nassauischen Erbländer wurde Wilhelm I. Grossherzog von Luxembourg. Aber es sollte nicht lange währen. Infolge der Bestimmungen des Wiener Kongresses wurde die Grenzregelung zwischen Preussen und Holland festgesetzt durch den Vertrag vom 31. Mai 1815 und wurde näher bestimmt durch das von den beiderseitigen Kommissariaten am 26. Juni 1817 zu Aachen unterzeichnete Grenzberichtigungs-Traktat. Durch das Grenztraktat mit Preussen (26. Juni 1816) kam zu Limburg ein Teil von Laurensberg, der zu Vaals kam; dieser Teil blieb aber unter der Justizverwaltung des Revisionshofes zu Koblenz, mit dem Arrondissement Sittard und dem Kanton Burtscheid. Artikel 18 des Grenztraktats zwischen dem König der Niederlande und dem Könige von Preussen: Von dem Punkte ab, wo die drei Departemente sich berühren, soll die Grenzlinie den Grenzen zwischen dem alten Departement der Roer
und der Niedermaas folgen bis zu der Chaussee von Aachen nach Geilenkirchen, indem sie zur Linken die Gemeinde Vaals liegen lässt, die den Niederlanden gehört, in derselben ist inbegriffen die Wohnung des Pfarrers, die auf
derselben Linie liegt. Weiter soll die Grenze dieser Chaussee folgen bis an die Grenzen der Gemeinde Herzogenrath, bis zur Wurm. Auf dem Kongress von Wien (31. Mai 1815) wurde auch die Grenze von Holland festgestellt. Die alten uniierten
Provinzen der Niederlande und die Belgischen Provinzen, die einen wie die andern, sollten nach Artikel 66 in Vereinigung unter der Souveränität des Prinzen von Oranje-Nassau das Königsreich der Niederlande ausmachen.
Beim Setzen der Grenzsteine im Jahre 1817 sind noch drei Teile von preussische Gemeinden zu den Niederlanden gekommen, u.a. für Vaals ein Teil von Laurensberg. |
Traktate von LondonI. 1830-1839, worin die fünf Grossmächte in London Massregeln nahmen und eine Übereinstimmung zwischen Belgien und Niederland zustande brachten. Dadurch wurde der Vereinigung der jetzigen Provinz Limburg mit Belgien ein
Ende gemacht. Am 30. Mai 1814 wurde im Friedensvertrag von Paris festgesetzt, dass die deutschen Staaten unabhängig, aber doch bundesmässig mit einander verbunden sein sollten. |
IndustriewesenDie Grundleger der Vaalser IndustrieEiner der allerersten ist Johan Albert Trostdorff 1699 gewesen. Von ihm stammten ab: Jean Guill. Trostdorff, Tuchfabrikant; Math. Guill. Trostdorff, Tuchfabrikant; Jean Richard Trostdorff, Fabrikant und Jean Henry Trostdorff, Fabrikant.
Friedrich Karl Arnold, Friedrich Heinrich August (Paris), Eduard (Diekirch). Friedrich Karl Arnold heiratete mit Johanna Frederica Kopstadt, welche ihm 4 Kinder schenkte, und zwar: Karl Heinrich Robert, geb. 1814, Carl Arnold Julius 1816, Angelina Eleonore Henrice 1818 und Carl Adolph Leopold Walter 1821. Friedrich Karl Arnold wohnte auf Schloss Vaalsbruch. Friedrich Heinrich heiratete 1813 mit Christine AIberine Hass, deren Kinder waren: Maria Gertrud, geb. 1814, Philipp Otto 1818, Friedrich Herman Ernst geb. 1817, gest. 1823, Herman Karl Emile 1818, Ludwig August Leopold 1825, Constantia Frederike Auguste geb. 1827, gest. 1833. Ein von Clermont wohnte im Gartenhaus der Familie von Clermont; ihm gehörte noch die Schurmühle. Nachher wohnte er gegenüber der Kirche in der alten Schule, später Gemeindehaus. Er war ein besonderer Hundeliebhaber. Johan Adolf von Clermont, Sohn von Johan Arnold war Fabrikant und heiratete 1790 mit Juliane Ernestine Theodora von Emminghausen und starb kinderlos im Jahre 1826. Johan Heinrich Leopold, geb. 1781, war bis 1816 Friedensrichter für Vaals beim Friedensgericht Gülpen. Er war das 13. Kind des Johan Arnold von Clermont. 1824 bis 1854 kommt der Name Heinrich von Clermont vor. Dieser ist derselbe, der 1813 heiratete mit Christine Hass, Sohn des Johann Arnold, welcher seinem Vater in der Tuchmanufaktur nachfolgte und im Jahre 1816 vorkommt als Bürgermeister von Vaals. 1862 kommen noch vor in Vaals: Friedrich von Clermont und Otto von Clermont, welche letztere sicher Kinder waren von obengenanntem Friedrich Heinrich. Mit diesen letzten sind die von Clermonts in Vaals ausgestorben. Das Stammhaus mit Fabrik ging an Ignaz Tyrell über. Er war der Sohn des Melchior Tyrell, Bürgermeister und Amtmann in Werl, Westfalen. Sohn des Ignaz Tyrell war u.a. Kaspar Victor Albert, geb. den 26. September 1812, gestorben 1875 zu Löwen, begraben zu Vaals. Er war Königl. Belg. Oberst der Artillerie. Andere Kinder waren: Heinrich Tyrell, Fabrikant in Vaals 1862. Mit seinen Kindern ist dieses Geschlecht 1924 ausgestorben. Ignaz Tyrell hat das Stammhaus im Jahre 1858 gekauft und führte die Tuchfabrik im Stammhaus und in den Benden weiter (1862). Gegenüber dem Stammhaus befand sich die Kirche der Memnoniten. Von dieser Kirche der Wiedertäufer besteht noch ein Teil. Der Fabrikant von Clermont hatte eine Weberei daraus gemacht, der Israelit Gerothwoold aus Frankfurt, sich nennend Graf de Grooy, hat das Türmchen abgebrochen und zwei andere einander gegenüber gebaut. Derselbe wohnte mit seinen zwei Töchtern im gegenwärtigen Hotel Geller. Er liess viele Mauern und Häuser abbrechen sowie auch ein grosses Gebäude in der Nähe des Stammhauses. Hiervon erbaute er die zwei vorgenannten Türmchen und die daran anschliessenden Häuser. Eines Tages sagte er zu seinem Arbeitern: „Wenn ich wiederkomme, bleibe ich für immer hier". Wer aber nicht wiederkam, war Graf de Grooy, und beim öffentlichen Verkauf erwarb die Familie Kocks aus der Tentstrasse die noch nicht ganz fertigen Häuser, woraus man später Mietswohnungen machte. Ferner waren grosse Fabrikanten in Vaals Joh. Arnold Pastoor; seine Mutter war auch eine von Clermont und hatte schon 1890 in Lemiers die »Hoddelefabrik«, welche später durch Kauf in die Hände der Familie Schlüper und Karl Jöbjens überging. Andere Fabrikanten waren: Hermann Ludwig aus Burtscheid, der seit 1774 in einem Hause der lutherischen Gemeinde in Vaals wohnte. Franciscus van Panhuijs aus Maastricht, 1797 nach Vaals gekommen, war verheiratet mit Johanna Wilhelmine Panhuijs, welche von einer alten Vaalser Familie abstammte. Kurl Hässler, 1765 nach Vaals gekommen. Jean August Schink (Gürtler), 1767 nach Vaals gekommen. Heinrich Peipers, 1808 Fabrikant in Lemiers. Nicola Knepper, nach Vaals gekommen 1805. Guill. Kistermans tritt 1805 als Tuchhändler und Franciscus á Brassard als Tuchfabrikant in Vaals auf. Johan Heinr. Croein (Crou) trat 1810 in Vaals auf, 1819 Heinrich Crou und 1842 Crou und Chauder. Herman Boffender und Peter Radel als Fabrikanten der Vollmühle, zuerst genannt 1810. August Binterim, 1815 nach Vaals gekommen, später (1862) werden genannt Herman und Theodor Binterim; 1825 M. J. Lorell, Kaufman, und 1855 Delhaes. Was die Namen der ältesten Fabrikanten angeht, so kommen ihre Namen zuletzt vor: 1862 Panhuijs aus Maastricht, 1859 Konrad Ludwig, 1878 Friedrich und Karl Kisterman, 1817 J. H. Crou, Joh. Guillaume Trostorf, Karl Guillaume Hässler, 1819 J. H. Trostorf, Heinr. Cornelius Frans á Brassard. Durch königlichen Beschluss wurde am 28. Aug. 1817 die »Kamer van Koophandel en Fabrieken« errichtet und wurde bestimmt, dass 8 Mitglieder darin Sitzung haben sollten; den 14. Oktober 1817 wurde auf dem Rathause zu Vaals unter dem Vorsitz des Herrn Charles de Bronkere, Gouverneur der Provinz Limburg und beigestanden von dem Herrn W. H. Tellera, Griffier der Provinzialen Staaten die »Kamer van Koophandel« eröffnet. Mitglieder derselben waren: Charles de Clermont de Vaalsbroek, J. Crou, August Binterim, Jean Guillaume Trostorf, Charles Guillaume Hässler, J. H. Trostorf, Frans á Brassard, Henri Nellissen. Jean Gottfried Hartman, Sekretär. Die Familie des vorerwähnten Henri Nellissen stammte aus Aachen. Ihre Geschichte ist kurz folgende: Franz Carl Nellissen war 1789 Bürgermeister von Aachen und hatte u.a. eine Tochter Caroline, welche verheiratet war mit Peter
Beisel und einen Sohn Heinrich, welcher verheiratet war mit Johanna Beisel, aus deren Kindern zwei Franziskanerinnen wurden und ein Sohn Franz, Preussischer Rittmeister a.D. Hieraus ersehen wir, wie wir auch kurz noch andeuten werden, dass die Familie Nellissen, Startz und Beisel auch innig mit der Vaalser Industrie und Klostergeschichte zusammenhängt. Es wird sehr schwer fallen, die einzelnen Fabrikanten, ihre Fabriken und Manufakturen alle anzugeben. Daher wollen wir in den folgenden Angaben nur dasjenige aufzeichnen, soweit es sich durch Umfrage bei alten Leuten feststellen liess. |
Fabriken in Vaals1. Vollmühle. Erbaut 1663. Besitzer waren u.a.: Herman Boffender und Peter Radel, Merzenich; jetziger Pächter Leclerq. Garn- und Wollspinnerei und Carbolisieranstalt, unter Merzenich Weberei, jetzt Mühle. Eingegangen durch Streik und Abtreten des Vorarbeiters. Merzenich wollte keine Klärweiher anlegen, was die tiefer gelegenen Dörfer verlangten. 2. Schurmühle. Besitzer: Clermont L., Pelzer v. Clermont, Schwamborn umd Claessen (Pächter), Vaessen J. (Brauerei, nachher Tabaksfabrik). Unter von Clermont Weberei mit 50 Webstühlen. (Eingegangen 1900). 3. »Oude molen« in Holset. Eigentum der reform. Gemeinde. Inhaber Startz, Binterim, Prickarts. Pächter: Krott, Nadelfabrik, Karbolisieranstalt mit Garn- und Wollspinnerei und Vollerei, jetzt Mühle. Genannt »Egen
Schliefmölle« (1890 eingegangen). Theodor Binterim wohnte im alten Kurhotel; in dem Hause von Kleinschmidt wohnte Smitz, Teilhaber der Firma Binterim. 4. »Hoddelefabrik« von Pastor, Kommerzienrat in Aachen. Alle Sorten Lumpen wurden hier über Walzen gewolft, woraus dann Garn fabriziert wurde. 1898 gekauft durch Geschwister Schlüper-Göpjens. 5. Binterimsfabrik in der Lindenstrasse; später gepachtet durch Dornbusch, 1891 eingegangen. Alsdann gekauft durch Schmalbach, der die Fabrik zu Wohnhäuser einrichtete. 6. Nadelfabrik im Vaalser Berg, am Bach, der von der Schurmühle kommt. Mutmasslich von Beisel in Aachen. Beisel war verwandt mit Nellissen, der 1817 in Vaals vorkommt. 1830 eingegangen; der neue Weg von 1824 nahm ihr allen Verkehr. 7. Fabrik gegenüber »Pleij« neben den Häusern von Schnabel, kam 1824 auch unterhalb des Weges zu liegen. Kanngiesser. Dem gegenüber an der anderen Seite des Weges: alte Deckenfabrik, Hotel Blumenthal, früher Beckers, Kutscher und Postwagenhalter, später Steins und Souren. 8. Kesselfabrik von Snook, wo jetzt das Redemptoristenkloster liegt. 1844 eingegangen, später Gebiet der Kirche. 9. Fabrik hinter dem Haus von Herman Binterim in der Bergstrasse (in der Nähe der reform. Kirche). Tuchfabrik. Besitzer Keuler; 1850 eingegangen. 10. Gegenüber dem Besitz von Binterim lag die Fabrik von de Crou; zuerst Tuchfabrik, später Brauerei und dann Lagerplatz. Besitzer: Mastenbroek P. W. (war 1862 noch in Vaals), Knepper, Göbbels, Heru, Schillings und Zegers. 11. Fabrik in der Aachenerstrasse. Tuchfabrik Trostorf, später Delhaes-de Lorell, Wolf und Heiligers. 12. Fabrik am »Bau«, Tuchfabrik, 1835 eingegangen. Besitzer des Gebäudes: Sternbach; Ohligsläger, Jaegers, Driessen, Delhaes, Knepper. 13. Läkenfabrik, untergebracht im Gebäude des Stammhauses nach der Seite der Maastrichterlaan. Besitzer: von Slip, Tyrell. 1840 eingegangen. 14. Zigarrenfabrik, im Hinterhause vom Stammhaus. Besitzer: H. Schuhmacher. 1880 abgebrannt. 15. Fabrik in den Benden, Tuchfärberei, Wäscherei, Färberei, später Zacharinfabrik, Motoren und Bogenlampenfabrik, Weberei, Schokolade und Nadelfabrik. Die Färberei wurde von Arnold von Clermont errichtet. 16. Fabrik Schloss Vaalsbruch, Spinnerei, Mühle. Besitzer: J. Arnold von Clermont, v. Görschen, von Massenbach. 17. Fabrik »Verves«, Besitzer: von Clermont, Gerotwoold, Kocks. Zuerst Weberei, nachher in Wohnhäuser eingerichtet. 18. Mühle der. Familie Spierts, Mamelis. Wahrscheinlich auch wie Mühle zu Lemiers Nadelfabrik von Trostorf. Eigentümer: Deutz und Spiertz. Wenn wir hier die Fabrik von J. A. von Clermont, später Ignaz Tyrell, im Stammhaus hinzufügen, so bestanden 1840 in der Gemeinde Vaals ohne die Zementfabriken 19 Fabriken. In Vaals hat auch die Handweberei in hoher Blüte gestanden. Ein oder mehrere »katzauen« standen in einem Zimmer, wie z.B. im Stammhaus, Bau, Verves, Bergstrasse, Tentstrasse usw., die durch ihr eintöniges klappernd Geräusch dem Dorfe einen ganz besondern Eindruck verliehen. Die Weber im blauem Kittel und Schürze mit dem Pfeifchen im Mund waren sehr gemütliche und genügsame Leute. Der hl. Antonius war ihr besonderer Schutzpatron, deshalb wurde die »St. Tönneskirmes« immer gut gefeiert. An abgelegenen Orten, wie hinter Blumenthal hatten sie ihren Aufenthalt, wenn es galt das Garn zu trocknen. Dies geschah dadurch, dass das Garn an einen Pfahl gebunden wurde, dann wurden auf einen bestimmten Abstand je zwei gabelförmige Stöcke eingeschlagen, die paarweise durch einen dritten Stock verbunden waren. Das Garn wurde darüber in Fäden gezogen und blieb so, bis es trocken war. Witzige Gespräche wurden dabei durch die Nachbarn unterhalten, und manches volkstümliche Lied, wie »die Distelfink«, wird da wohl entstanden sein. „Ene Man dä hau en Distelvink, Hatte der Weber auf der Katzau ein Stück abgewebt, so wurde dasselbe auf einen Schubkarren gelegt und mit Freude über die vollbrachte Arbeit ging es nach Aachen. Meistens taten dies die Frauen, die auch für neue Spulen sorgen mussten und kamen oft prozessionsweise mit ihren Schubkarren zurück, das Geld in der Tasche. Vorhin haben wir bereits die Namen von Vollerei, Spinnerei und Karbolisieren genannt. Waren die Stoffe gewebt, dann wurden dieselben gevollt mit Vollerde, die auf dem Schneeberg gefunden und mit Urine und Seife vermischt wurde. Daher sind
noch oben auf dem Schneeberg grosse Gruben als Überreste, wo früher die Vollerde herausgeschafft wurde und im Volksmund für feuerspeiende Bergöffnungen gehalten werden.
Spinnen: Dafür wurden zuerst die Flockmaschinen gebraucht. Dazu kamen Walzen und ein grosses Tuch, welches lief und die Spule, worauf der lange Faden gesponnen wurde, der zum Feinspinner gebracht wurde. Beim Vorspinnen griff man 20 Flöcks, welche die Flockmaschine auswarf. Es waren Stückchen Wolle, die einen Finger dick waren. Diese musste man auf dem weissen Tuch, das über die Walzen lief, zu Fäden machen. Dies geschah mit den Fingerknöcheln, meistens durch Kinder. Karbolisierung geschah dadurch, dass die Stoffe in einem grossen abgeschlossenen, langen Behälter gelegt wurden, worin die zugefügte Baumwolle durch Säure, die man darauf goss, verbrennen musste. Ferner wurde der Stoff mit einer Pflanze gereinigt, die eierförmig und mit Stacheln besetzt war und Weberdistel genannt wurde. Diese Pflanzen wurden zu diesem Zwecke durch die Bauern gezüchtet. Die Gesetzgebung der Bank »Holset-Vaals-Vylen« hat schon im Jahre 1765 die Vaalser Industrie in Schutz genommen, indem sie gegen aufrührige Elemente in ihren »Waarschuwingen in zaken weverij« strenge Massregeln nahm. Dieselben sind unterzeichnet durch Hasenklever, Sekretär der Bank und die Einleitung lautet: „Die Herren Drost, Schultheiss und Schöffen der Bank »Holset-Vaals-Vylen« bemerkt habende, dass hier und da verschiedene Missbräuche und Unerlaubtheiten unter die »zakenbereijders of Droogscheerdersgasten« (das ist ein Ausdruck für Weber, den man nicht übersetzen kann) eingeschlichen sind, weil einige eigenmächtig ohne Grund ihre »Winkels«, das will sagen ihr Geschäft, verlassen um andere Gäste oder Knechte, die ruhig in ihren Geschäften arbeiten, Furcht anzujagen oder verbieten, mit ihrem Geschäft fortzufahren, zu manchen Zusammenkünften sich aneinanderschliessen, einige Personen oder ganze Geschäfte für schmutzig und ungeschickt erklären. Weil aber die Folgen solcher Massnahmen nicht allein nachteilig sind für die Übertreter mit ihren Frauen und Kindern, sondern auch für manche anderen, die von den »Zaken-Fabrijk« , das will sagen von dem Fabrikswesen, abhängen und selbst mit der Zeit die ganze Fabrik auf das Spiel setzen und zu Grunde könnte gebracht werden, so ist es, dass wir nach reifer Überlegung zumallgemeinen Nutzen, und um solchen nachteiligen Unruhen vorzubeugen und zum Aufrechthalten des Fabrikswesens nötig gefunden haben folgendes festzustellen. Dann folgen sieben Vorschriften für Meister und »bereijdersgastena« . Artikel 5 lautet: dass hierdurch deutlich, scharf und ausdrücklich bezweckt wird ein Ende zu machen dem sogenannten Schimpfen, dem Verlassen und Abspringen von der Arbeit, allen Zusammenschwörungen und Beschmutzen und im allgemeinen allen aufständigen Unternehmungen; dass man gegen die Übertreter als Aufrührer der allgemeinen Ruhe und Meuterer nach aller Strenge des Rechtes prozedieren wird und dieselben schwer bestraft werden mit Verbannung, Geiselung und andern Strafen an Leib und Leben, je nachdem sie schuldig befunden werden. Die mittalterliche Strenge des Gerichtes der Bank »Holset-Vaals-Vylen« liess, wie wir hieraus ersehen, 1765 noch nicht mit sich spassen. Zum Wohle der Arbeiter wurde durch ein Bittschreiben des Herrn Jakob Servaes Hartman 1790 eine Krankenbörse errichtet. Art. I. In dieser Handwerker- und Krankenbörse werden gesunde Männer, nicht über 30 Jahre alt und ohne Unterschied der Konfessionen: Römisch-Katholische, Evangelische, Lutherische und Reformierte aufgenommen. Art. II. Bei der Aufnahme zalht jeder Bruder 2 ½ Silbergroschen oder 14 ½ Cents und wöchentlich 1 ½ M erk oder 4 Cents, welche der Börsendiener alle vier Wochen einfordert, und muss diese Einlage ein Jahr lang geschehen sein, ehe der Bruder zum Bezug der Kranken- und Sterbegelder berechtigt ist. Für Sterbegeld zahlt ein jeder Bruder jährlich 3 Silbergroschen und 9 Pfennig oder 22 Cents. Dieser Krankenbörse standen drei Provisoren vor mit dem Vater der Börse. Jak. Servaes Hartmann. Diese Provisoren solle immer drei sein, nämlich ein Katholischer, ein Lutherischer und ein Reformierter, die Direktion alle
vier Monate abwechseln und der regierende Provisor eine Rechnung den beiden andern Provisoren ablegen. In der jährlichen allgemeinen Versammlung wurde für den abtretenden Provisor ein neuer durch Stimmenmehrheit gewählt.
Bei Streitigkeiten sollen die Provisoren versuchen, diese in Güte beizulegen. Gibt sich der Bruder hiermit nicht zufrieden, so werden die Herren Arbeiter ersucht, zu entscheiden. Hilft auch dieses nicht, so kann die Klage der
bürgerlichen Obrigkeit vorgelegt werden und entscheiden auch diese zum Nachteile des klagenden Bruders, so soll sein Name ausgestrichen werden. Im Anschluss an die Geschichte der Tuchindustrie noch folgendes: In der Zeit des J. Arn. v. Clermont kam auch Herr Coenen nach Vaals. Herr Coenen ist wahrscheinlich der Erbauer der Esch, was wir aus folgender Begebenheit 1777 feststellen
können. Er hatte da auch die Weier anlegen lassen, die jetzt teilweise wieder verschwunden sind: Das Herrschaftshaus mit Park haben im Jahre 1880 die Paters Redemptoristen unter Pater Boeve als Juvenat gepachtet; im Jahre 1898
wurde es vom Besitzer Pastor Hennus von Nieuwstadt an die Kamillianer unter Pater F. Vido verkauft. „Der h. Marnef von Kumpesbath ist nach Vaals gefahren mit dem h. Coenen von Bortscheid und seine frauw sambt der jungen de Beff Urmacher auffm Compesbath und haben auff dem Neuwen Bauw von Coenen zu Mittag gessen. Nachmittags gehen die drei hinaus spatziren bis an die Esch hinter Vaels, da hat der Coenen einen neuen Weier angelegt und weil es sehr warm, so haben sie sich ausgezogen um im Weier zu baden. Alarnef und Coenen gehen im Wasser, de Beff aber wollte nicht, diese zwei konnten recht swimmen. Coenen geht aber hinaus und Marnef bliebe noch im Wasser. Coenen ruff er möcht auch heraus kommen, er Marnef wollt nit, er müsse noch eins hinüber swimmen. Wie er im halben Weiher war, kricht er den Crampf und sinckt unter und bleibt unter und versauft ohn das sie ihm helfen konten, weil sie kein instrumenten hatten ihn hinauff zu zeichen lauft Coenen nach Hauss, macht Lerm, so kommen leuth genug und hatten Branthaken, damit greifen und suchen sie nach ihm, weil er aber nichts am Leib, sondern pur nackend war, so konnten sie ihn nicht hinaus zeichen, geswind als nur langsam rollen bis am Bort, aber er war schon ganz todt und voller wasser. So wart er am Ufer gelegt bis das gericht ihm visitirt, also ist er alda begraben worden. " 1779 lesen wir in der Aachener Chronik: „Der grosse Logenmeister von die Freimaurer Coenen ist falirt, und von Bortscheid hinweg nach Vaals gezogen und ist ihm alles verkauft worden, alle seine Raritäten in Summa, da ligt nun alle grosse Anstalten samt unmässige Kösten, ligt alles in Wilden. Dem Coenen wird alle Meubelen verkauft, samt alle Muschelwerk; und gehet Vaels wohnen, allwo er ein stattlicher Bauw hat machen lassen und ein grosser Saal vor die Freimaurer ihrer Beysammenkunft, deswegen er selber Grossmeister ist. Allwo sie dan öfters beisammen kommen. In diesem Haus ist auch ein apart Zimmer gans inwendig mit gemalde Tapeten, aber recht unchristlich, in allerhand Vorstellungen etc." |
Kloster BlumenthalAm 14. September 1846 wurde das Schloss Blumenthal mit seiner Umgebung von ungefähr 1.800 Ruten verkauft, welches der hochadeligen Familie von Clermont angehörte, die dieses Schloss im Jahre 1792 zu ihrem Vergnügen mit einer
ungemein grossen Ausgabe von 160.000 Aachener Reichsthaler zu 3 Francs hatten bauen lassen, aber sich genötigt fanden, weil sie in ihrem Wohstande sehr zurückgingen, es dem Meistbietenden zu verkaufen. Am 8. September 1848 wurde eine Pensionärin Clementine Michaela von Kettenis zur ersten hl. Kommunion zugelassen. Professor Borzet predigte in lingua gallica. Vom 2. Juni bis 14. September wurde die hl. Messe gelesen von dem Pfarrgeistlichen in Blumenthal. Am 14 September 1848 Joh. Simon Mühlenberg, geboren zu Vaals, Rektor. Täglich Messe lesen, Religionsunterricht, beichten und jeden Sonntag predigen Am 13. Januar 1849 starb in Vylen Pfarrer Jos Koervers. Sein Nachfolger wird M. J. Straeten. Im Januar 1850 starb Rektor Mühlenberg, Kaplan zu Vaals. Rektor wird jetzt Heckmans aus Kirchrat. Beichtvater war J. Straeten vom 19. Februar 1848 bis 19. Februar 1983. Krankheitshalber musste er als Ordinarius abdanken. Nun kam ein Jesuitenpater aus Aachen oder Maastricht wöchentlich Beichte hören. Im Jahre 1844 wurde der Kreuzweg in der Kapelle von Blumenthal durch den hochw. Herrn Pfarrer G. L. Straeten eingesegnet. Im Jahre 1862 brach im Hauptgebäude Brand aus, welches mit der Kapelle und dem Kreuzwege abbrannte. Am 21. Februar 1895 Errichtung eines neuen Kreuzweges in der Kapelle der Mutter der Schmerzen. Die Kirche von Blumenthal wurde erbaut durch den Baumeister Schmalbach, der in dieser Zeit nach Vaals gekommen ist. Am 17. Mai 1848 Eröffnung des Pensionates von Blumenthal. Am 15. Juni 1848 wurde zum ersten Mal der Segen gegeben bei der Fronleichnamsprozession, und am 30. November wurde die Mädchenschule für Vaals eröffnet. Am 14. September 1848 wurde M. Meulenberg als erster Rektor in Blumenthal angestellt, ihm folgten: 1850 M. Heckmans, 1862 M. Stammel, 1863 M. Welters, 1871 M. Eigelshoven, 1880 Butchen, 1885 Schnabel, 1897-1899 Bollen, 1899 M. Kleijnen, gestorben 1902, 1902 Luyten, 1911 de Hesselle. Am 14. Febr. 1875 wurde die Jungfrauenkongregation der Mutter der sieben Schmerzen errichtet. 1880 fand die erste Retraite mit Fastnacht statt; 1897 Frauenkongregation unter der Anrufung des hl Herzens. |
Nachtrag zur KirchengeschichteIm Jahre 1833 wurde die kath. Kirche gebaut, welche jetzt als Patronat eingerichtet ist. Im Giebel des Patronats befindet sich die Inschrift: »Praesidentibus Domino Renero Schmetz, pastore et Barone
Antonio de Pelzer Berensberg, consule«. Die kleine Glocke im Patronat trägt die Inschrift: »
Le 28 Octobre Jan 1834«. C. Ruland kommt 1862 zuerst in Vaals vor unter dem Bürgermeister J. A. van Reij, dessen Nachfolger er wurde. Die Ausführung der neuen Pfarrkirche geschah durch den Bauunternehmer Gerard Beckers aus Sittard. Die Leitung der Arbeit hatte Herr Göbbels, hierselbst, übernommen. Am 24. Oktober 1893, am Feste des hl. Raphael, wurde die Weihe der neuen Kirche durch den hochw. Herrn Bischof Franziskus Ant. Hub. Boermans vorgenommen. Vom 28. Juni bis 8 Juli 1894 wurde eine 'Mission gehalten von den hochw. Herren Redemptoristenpatres Steffen, Codenbach, Franz. Am 8. Juli 1894 errichtete Pater Steffen das Missionskreuz und am 9. Juli den Kreuzweg mit Fakultät des Bischofs und Erlaubnis des Dechanten van Oppen von Gulpen. |
Verzeichnis der Pfarrer von VaalsJoseph Stein, von 1549-1559; Henricus Klöcker 1560-1580; Servatius Schaffraedt, Ord. Praedic. 1580-1600; Penrus a Keer, Kanonikus an St. Adalbert in Aachen 1600-1612; Johannes Peschart 1614 bis 1620; Laurentius Beussenius 1620-1636;
Henricus a Monte, vorher Pfarrer in Holset, 1636-1641; Sigerus a Thenen, 1641-1677; Goswinus Bercks 1678 bis 1692; Cornelius Schink, vorher Pfarrer in Burtscheid, 16921702; Petrus Radermacher 1702-1741; Johannes Wilhelmus Bosten,
1741-1770; diesem verbannten Pfarrer Bosten folgte im Amte Franziskus Heinrich Bosten 1770-1780; Nikolaus Creutz 1780 bis 1794. Im Jahre 1794, zur Zeit des Krieges, leitete er die Pfarre ohne Kaplan zur grössten Freude der Pfarreingesessenen
und zur Erbauung der Nichtkatholiken. |
Die Schule von VaalsÜber das frühere Schulwesen in Väals können wir aus Mangel an Aufzeichnungen nur wenig berichten. 1764 wird zuerst die Schule genannt »in den Stand«; daselbs ist auch vom 20. Februar bis 25. März die hl. Messe gelesen worden, als die Protestanten die Kirche geschlossen hatten. Später war Schule auf dem »Kerreberga« und danach im alten Gemeindehaus gegenüber der Kirche. Der erste bekannte katholische Schullehrer war Herr Arnold Dreissen. welcher aus Ubach over Worms stammte und der bis zum Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts hier sein Amt bekleidete. Sein Nachfolger wurde dann der im vorigen Jahre verstorbene Herr A. Hochstenbach. Mit diesen Aufzeichnungen erreicht die Geschichte von Vaals ihr Ende. Manches wird vielleicht noch zu ergänzen sein. Wir werden später noch einiges bringen über Lemiers und Holset. Es ist beabsichtigt, die Geschichte im Buchform herauszugeben, falls genügend Abnehmer dafür zu gewinnen sind. Wir werden später darauf zurückkommen. |
Als Anhang zur Geschichte von Vaals bringen wir nachfolgend einen Artikel, den das »Aachener Kur- und Fremdenblatt« im Jahre 1892 über unseren Ort brachte, und welcher noch manches Bemerkenswerte enthält. Er lautet: Unweit der alten Reichsstadt Aachen, mit dieser seit 1889 durch Pferdebahn verbunden, liegt auf holländischem Gebiete in anmutiger Gegend das einige Tausend Einwohner zählende freundliche Städtchen Vaals, mit Recht ein beliebter Ausflugsort der Bewohner Aachens und der im Sommer in dieser Stadt weilenden zahlreichen Fremden und Badegäste. Vaals, zur fruchtbaren holländischen Provinz Limburg gehörend, wird keineswegs, etwa wie Maastricht, die Hauptstadt der Provinz, durch den Ruhm einer grossen Vergangenheit verklärt, indessen hat sich auf seinem Boden in fernabliegenden Zeiten doch manches vollzogen, das den Ort dem Dunkel entrückt und ihn auch für den Forscher und den Freund alter Erzählungen interessant macht. Mehrere Male im Laufe der letzten Jahrhunderte warfen grosse welthistorische Ereignisse ihren Widerschein auf das stille Örtchen, welches sich unter häufig wechselnder Herrschaft einer bescheidenen Blüte zu erfreuen hatte. So in den Jahren 1585 bis 95, während welcher Vaals die Zufluchtsstätte vieler vornehmer, aus Frankreich vertriebenen Hugenottenfamilien wurde. Als Ludwig XIV. am 23. Oktober 1685 das Edikt von Nantes aufhob und die Anhänger der neuen Lehre in Frankreich wie ehemals den härtesten Bedrängungen ausgesetzt waren, bot Vaals den protestantischen Flüchtlingen wiederum ein schützendes Asyl und zwar zu seinem eigenen Vorteil, denn die Emigranten gaben dem Handel des Ortes einen Aufschwung; sie legten Fabriken an, führten grosse Bauten aus, versahen den Ort mit neuen Plätzen und Strassen, und legten somit den Grundstein zu der gegenwärtigen Bedeutung des Städchens. Eine Anzahl von Prachtbauen aus jener Zeit, welche durch ihren Umfang und ihre solide Bauart auffallen, geben noch heute dem Besucher Zeugnis von der damaligen Blüte des Ortes. Vaals ist die Heimat einer Anzahl Männern, welche sich auf geistigem Gebiete besonders ausgezeichnet haben, wie es ebenfalls mancher historisch bedeutenden Persönlichkeit für kürzere oder längere Zeit seine Gastfreundschaft angedeihen liess. So hielt sich Maria von Medici, Königin von Frankreich, als sie im Oktober 1641 von England nach Köln flüchtete, mehrere Tage hindurch in dem Grenzstädtchen auf, und als Peter der Grosse im Herbst 1717 unter dem Namen Peter Michaelow nach Zaandam reiste, wohnte er längere Zeit abwechselnd in Vaals und dem benachbarten Aachen. Die zu Vaals ansässige Familie von Clermont, deren Name sich noch heute weithin den besten Klanges zu erfreuen hat, gewährte damals dem mächtigen Beherrscher des Zarenreiches gastfreie Aufnahme und wurde bei dieser Gelegenheit von ihm in den Adelstand gehoben. Auch haben die Gemahlin Napoleons I., Josephine, und das Adoptivkind des grossen Korsen, die schöne Hortensia Beauharnias, spätere Gemahlin Louis Bonapartes, Königs von Holland, im Sommer 1805 in Vaals gewohnt, und zwar in dem damaligen von Clermontschen Palais, dem jetzigen weltberühmten Pensionat Blumenthal. Am 12. April 1736 legte der kaiserliche österreichische Generalfeldzeugmeister von Seckendorf den Grundstein zum Luthertempel, den er mit Hilfe von Magistratsgeldern erbaute. Dieser Tempel, ein schlichter Bau, steht heute noch in seiner ursprünglichen Gestalt da; er ist die Stätte, wo die Wappen der Familien von Seckendorf und von Clermont als Erinnerung an frühere Tage des Glanzes aufbewahrt werden. Vaals besitzt ein Redemptoristenkloster nebst Seminar, ein Nonnenkloster (Blumenthal), eine katholische Pfarrkirche, sowie eine reformierte. Hinter letzterer rechts ab liegend, haben wir nach wenig Schritten den vorerwähnten Luthertempel zur Rechten und gelangen von da auf einen mit 3 Brunnen versehenen Platz, den linker Hand die jetzt Profanzwecken dienende Mennonitenkirche abschliesst; ihr gegenüber der alte Clermont'sche Stammsitz. Unter dem in Stein gehauenen Zifferblatt befindet sich der Wahlspruch: » Spero inoidiam« »ich hoffe, beneidet zu werden«, eine stolze Devise. Fügen wir dieser Aufzählung die jetzt ebenfalls bewohnte Kirche hinzu, in welcher aus Frankreich vertriebenen Hugenoten s.Z. ihren religiösen Kultus ausübten - die sog. Fränzenkirche - so dürfte die Zahl der interessanten Bauten hiermit erschöpft sein. Ihre Blütezeit hatten die nichtkatholischen Gotteshäuser in Vaals Ende vorigen und Anfang des 19. Jahrhunderts; der bis 1811 ausschliesslich katholische Gemeinderat im benachbarten Aachen duldete nur dort den Kultus dieser Konfession und so kam es, dass sich die dort ansässigen Protestanten, Reformierten und Lutheraner nach Vaals zum Gottesdienst begaben. Dicht bei der Stadt liegt inmitten eines herrlichen Parkes das altberühmte von Schwestern des Ordens du Sacre Coeur geleitete Pensionat Blumenthal, in welchem die Töchter reicher und vornehmer Familien vorzügliche Erziehung und Ausbildung geniessen. Das imposante Pensionsgebäude mit seiner langgestreckten Front bildet einen Teil der vielen von Clermont'schen Prachtbauten. Die mit dem Hauptbau in Verbindung stehende hübsche gothische Kirche stammt aus der neuesten Zeit. Das anmutige Vaals hat in den letzten Jahren als Ausflugsort und Sommerfrische einen wachsenden Ruf erlangt und das mit Recht, entbehrt es doch keinen der Reize, welche der nach Ruhe und Erholung sich sehnende Städter zu seiner geistigen und körperlichen Erfrischung bedarf. Durch den durch seinen Reichtum an Prefektaten bekannten, weithin sichtbaren Schneeberg gegen die rauhen Nord- und Ostwinde geschützt, wird es von den Ärzten als Aufenthaltsort für Rekonvaleszenten und Stärkungsbedürftige empfohlen, zumal die Luft eine durchaus staubfreie an Ozonstoffen reiche ist und sich den dort weilenden Fremden und Kurbedürftigen eine Menge der herrlichsten Ausflüge in nahe gelegene prächtige Laubwälder, liebliche Thäler und auf hochgelegene, lohnende Aussichtspunkte darbietet. Auf einer in Utrecht abgehaltenen grossen Ärzteversammlung wurde von kompetenter Seite der Ausspruch getan, dass Vaals sich der gesundesten Lage und des wohltuendsten Klimas für Kranke in ganz Holland zu erfreuen habe. An ausgezeichneter ärtzlicher Pflege mangelt es gleichfalls nicht, da sich bereits seit einigen Jahren am Orte ein renommierter Arzt niedergelassen hat, wie auch in anderer Beziehung der dort weilende Gast alles findet, das zu seinem Behagen und seiner Bequemlichkeit dient. Die vielen Vorzüge des Städtchens wusste schon der verstorbene König Karl von Schweden wohl zu schätzen, denn als er sich im Sommer 1872 als Badegast in Aachen aufhielt, besuchte er Vaals mit grosser Vorliebe, von wo aus er Exkursionen nach dem bereits vorhin erwähnten Schneeberg machte, um dort Versteinerungen zu sammeln. Von Aachen kommend, betreten wir nach Überschreitung der deutschen Grenze, in dem Orte anlangend einen geschmackvollen Platz, auf welchem sich ausser einigen öffentichen Gebäuden Post- und Telegraphenamt, Zollamt, Gendarmerie-Kaserne, eine Anzahl Hotels von gefälligem modernen Aussehen befinden. Im Innern des belebten Städtchens erfreut uns auf Schritt und Tritt die sprichwörtlich gewordene holländische Reinlichkeit. Besonders in die Augen fallend sind eine Anzahl parkartiger Gärten, welche schöne altertümliche Gebäude umschliessen, sowie einige Strassen von malerischem Aussehen, welche sich hin und wieder platzartig erweitern. Die Bewohner, welche mit dem benachbarten Aachen einen regen geschäftlichen Verkehr unterhalten, sind höfliche und gefällige Leute, auch an gebildeten Elementen fehlt es in dem Orte nicht, so dass der Fremde auf die Annehmlichkeiten eines anregenden Umganges nicht zu verzichten braucht. Die hübsche, wechselvolle Umgebung, welche Vaals einrahmt, ist es in erster Linie, welche dieses Städtchen für Naturfreunde und Touristen so anziehend macht und zu häufiger Wiederkehr dorthin einladet. Wälder, Wiesen, Täler, grüne Ebenen, von gut gepflegten Wegen durchschnitten, wechseln in angenehmster Weise mit einander und bieten eine Fülle, von Ausflügen. Von grossem Interesse ist ein Spaziergang nachdem in etwa ¾ Stunden erreichbaren, als geographisches Kuriosum bekannten Vierländerblick, einem Punkt, wo Preussen, Belgien, Holland und das in einer Spitze herantretende Gebiet von Neutral-Moresnet mit ihren Grenzen sich berühren. Dieses letztere ist ein Komplex von 27,7 Hektar mit 2800 Einwohnern, welcher wegen des dort befindlichen grossen Galmei-Bergwerks Altenberg - vieille moniagne - im Jahre 1815 zwischen Preussen und Belgien vorläufig nicht geteilt wurde und durch den Wiener Schlussakt vom 9. Juni 1815 sowie das Traktat vom 26. Juni 1816 als »Neutrales Gebiet« erklärt worden ist. Vorerwähnter Punkt ist mit Hilfe nachstehender Angaben leicht zu finden, wobei bemerkt wird, dass der knapp ¾ Stunden lange Weg zugleich wenig anstrengend ist. Man nimmt die gegenüber dem Zoll- und Postamt befindliche Strasse und gelangt, am linker Hand befindlichen Redemptoristenkloster und der neuen dreischiffigen Kirche vorbei, zu der im Innern nichts Besonderes bietenden alten, bei welcher man sich links wendet. Zwischen Nr. 4 und 5 der Strasse erblickt man die hinter letzterem Hause gelegene, bereits erwähnte Fränzenkirche, jetzt von Webern bewohnt; bei Nr. 8, dem Hause des Schuhmachers Carl Lambertz angekommen, nimmt man den Weg rechts bis zu einem Gehöft, an welchem derselbe sich wiederum teilt. Man wähle den »rechten« und erreicht unter langsamen Steigen zwischen zwei Hecken in wenigen Minuten eine linker Hand liegende Besitzung, an die sich eine Wiese schliesst. Wir öffnen das Lattentor - der Weg ist als solcher katastriert und die Kühe sind friedfertig, falls man keinen Hund bei sich hat - und gehen auf das oben sichtbare, mit viereckigen Türmen versehene Haus zu. An letzterem, sowie dem mit Nr. 32 versehenen, von einem Grenzwächter bewohnten Haus vorbei, biegen wir bei dem ersten Fahrwege links nicht ab sondern gehen geradeaus, bis das Gut Heldruh vor uns auftaucht. Ein Getreidefeld links lassend, ebenso die Pforte des einfache Restauration bietenden Gutes, unter dem sich der grosse Tunnel der Bergisch Märkischen Eisenbahn hinzieht, kommt man durch einen Hohlweg, in dem zwei abgebrochene Steinkreuze liegen. Das erste, rechter Hand, besagt: „Im Jahre 1823 den dritten September ist alhier durch Karn und Pferd elendig ums Leben gekommen der ehrsame Nicolas Josef Knops aus Monzen, seines Alters im fünf und 40sten, Ehemann von Gertrud Brandt. Freunde betet für die Seel, damit sie ruhe im Frieden. Das andere, weiterhin links, trägt die Inschrift: „Anno 1705 den 14. August is alhier vermoordt den eersamen Massim Joseph von Steinfeld, bidt Godt voor de..... Amen. R.I.P ." Wir schreiten an beiden vorbei; sowie wir linker Hand das Ende der das Gut umschliessenden Hecke haben, biegen wir im rechten Winkel von der Chaussee ab (hübscher Blick auf grösstenteils belgisches Gebiet) und stehen nach etwa 100 Schritt, am Ende der kleinen Schonung, an jenem berühmten Punkte, einzig in der Welt, der uns erlaubt, drei Königsreiche in wenig Sekunden zu durchschreiten. Der mit dem Wappen versehene Stein ist der belgische. Will man nun den Fusspfad über die drei Steine hinaus verfolgen, so kommt man, fast immer die Grenze entlang im Bogen rechts in einer kleinen halben Stunde nach Vaals zurück. Der Weg ist nicht zu verfehlen, aber zuletzt abschüssig und daher zum Aufstieg dem andern keinesfalls vorzuziehen. Nach einem hübschen Blick auf Aachen erscheint rechts ein Wäldchen, zu welchem ein Fussweg führt. Man nehme jedoch nicht diesen, besonders steilen, sondern den nächsten rechter Hand, auf dem man noch immer schnell genug nach Vaals zurückgelangt. Wer weitere Touren nicht unternehmen will, der findet in nächster Nähe der Stadt hinreichend Gelegenheit, sich auf angenehmen schattigen Spaziergängen und in schönen Gärten zu erholen, wie auch eine Besteigung des bereits mehrfach erwähnten, nahegelegenen Schneeberges mit seiner imposanten Fernsicht manchen anzieht. |
Hiermit endet die durch Kaplan Adolph Vaessen aufgeschriebene »Geschichte von Vaals«. Kaplan Vaessen verstarb 1918 während der Grippe-Epedemie, die auch in Vaals viele Opfer forderte. |
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Links: Fraiche Vaals*
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