Orchon Schrift     [Yenisei]  [Talas]  [Karosthi]
Köktürkische Schrift, Türkische Runen 5. Jh. v. - 9. Jh. n. Chr.

Die frühesten Beispiele proto-türkischer Schrift aus dem 5. Jh. n. Chr. wurden 1970 in einem Fürstengrab in Kirgistan bei Balykchy in der Nähe des Sees Issyk (Issyk-Inschrift) gefunden. Erste Beispiele des Orchon-Alphabetes, einer Schrift aus dem 7. Jh. n. Chr., mit der die Göktürken das Ogurische schrieben, wurden bereits im 18. Jh. im Tal des Flusses Orchon in der Mongolei gefunden, 1730 zum ersten Mal veröffentlicht und 1893 von V. Tomsen entziffert. Inschriften aus dem späten 8. Jahrhundert n. Chr. in einer etwas schmäleren Variante der Orchon-Schrift, bekannt als Yenisei oder Sibirische Runen, wurden in der Gegend von Yenisei und anderen Teilen Sibiriens gefunden.
Die wichtigsten Inschriften der Orchon-Schrift entstanden in der Zeit des zweiten Khaganats (682–745), besonders in den 20er (720, Obelisk, Tonyukuk gewidmet) und 30er Jahren des 8. Jahrhunderts (Gedenksteine zweier köktürkischer Prinzen, 732 Kul Tigin und 735 sein Bruder, der Herrscher Bilge Kağan) und während des uigurischen Kaganats (745–840).
Die unten abgebildete Talas (Schrift der Turan-Hunnen, 3. Jh. v. Chr. bis 5. Jh. n. Chr.) ist ein ebenso runisch erscheinender Vorläufer aus dem 3. Jh. n. Chr. Die älteste bekannte Inschrift der verwandten Karoshti-Schrift von 251 v. Chr. wurde in Pakistan gefunden.

Aufgrund der Ähnlichkeit zu den nordeuropäischen Runen wird das Orchon-Alphabet auch als Orchon-Runen oder Türkische Runen bezeichnet. Diese Ähnlichkeit mag möglicherweise nur ein Ergebnis der benutzten Schreibgeräte bzw. -materialien sein, denn die meisten Inschriften sind in harte Oberflächen, wie Stein oder Holz, geritzt und geschwungene Linien sind in solche Oberflächen schwierig einzugravieren. Jedoch, obwohl manche davon ausgehen, dass es zwischen den nordischen Runen und der Orchon-Schrift keinen Zusammenhang gibt, ist bezeichnend, dass sich nordische Runen-Inschriften, wie z.B. auf dem Kylver-Stein in Stanga (Gotland), dem Möjbro-Stein in Upland oder auch dem Istaby-Stein in Blekinge, sehr wohl auch unter Anwendung des Orchon-Alphabetes und der Ogurischen Sprache lesen lassen (Transliterationsbeispiele).
Im 9. Jh. n.Chr. wurden die Orchon- und Yenisei-Alphabete, vom Vorderen Orient ausgehend, durch das von der Aramäischen Schrift abstammende christliche uigurische Alphabet abgelöst.
Ein Abkömmling der türkischen Runen sind die ungarischen Runen (Székely Rovásírás) sowie die Proto-Bulgarischen Runen.

Die Orchon-Schrift wird in der Regel horizontal von rechts nach links geschrieben, obwohl manche Inschriften vertikal mit um 90° gedrehten Buchstaben geschrieben sind. Wenn die Schrift vertikal geschrieben ist, wird sie von unten nach oben und von rechts nach links gelesen.
Manche Konsonanten haben zwei Formen, die einen (¹) mit vorangestelltem, die anderen (²) mit nachgestelltem Vokal.


Orchon-Schriftzeichen   7./8. Jh. n. Chr.
Zeichen Wert   Zeichen Wert   Zeichen Wert   Zeichen Wert
a, ä   č², ğ²   m        oq, uq
e          
i, ī             
    o, u              n        
    ö, ü              nj  
              nč, nğ   š
                ök, ük        nt, nd         
              p       
                       z
č, ğ   ld, lt         Wort-
separator

Orchon TTF-Font

Yenisei, Sibirische Runen - 8. Jh. n.Chr.                   [Orchon]  [Talas]  [Karosthi]

Zeichen Wert   Zeichen Wert   Zeichen Wert
a, ae     č
é     Wortende:  
ı, i     č, c
o, u     ıt, id
ö, ü     m
ka     n
    nj
ko, ku    
ke, ki
    nt, nd
kö, kü     p
    š
    z
       
    Separator

Talas (Turan-Hunnen) - 3. Jh. n. Chr.                   [Orchon]  [Yenisei]  [Karosthi]

Zeichen Wert Zeichen Wert   Zeichen Wert
a, ä   it          r
e   g   s
i   k        š
o, u       l          q
ö, ü   m   oq, uq
   y        n   p
      j   nc        t
č   ng       z
       d        nt      

Talas TTF-Font


Karosthi - 50 v. Chr.              [Orchon]  [Yenisei]  [Talas]

Zeichen Wert Zeichen Wert Zeichen Wert
    a, ä   v, f   r
e      g      s
i   h   š
o, u      k      sch
ö, ü   l      th
y   m      t
   b      n   v
  č   ng   z
    d      p